Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 80
Auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist als "sonstiges Recht" im Sinne des § 823 BGB anerkannt. Nach der Rechtsprechung des BGH wird der Schutz des § 823 Abs. 1 BGB gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährt, wenn sie einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt. Das Recht am bestehenden Gewerbebetrieb wird durch § 823 Abs. 1 BGB nicht nur in seinem eigentlichen Bestand, sondern auch in seinen einzelnen Erscheinungsformen, wozu der gesamte gewerbliche Tätigkeitskreis zu rechnen ist, vor unmittelbaren Störungen bewahrt. Unter dem Begriff des Gewerbebetriebes im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ist alles das zu verstehen, was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt, also nicht nur Betriebsräume und -grundstücke, Maschinen und Gerätschaften, Einrichtungsgegenstände und Warenvorräte, sondern auch Geschäftsverbindungen, Kundenkreis und Außenstände. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb von der Rechtsprechung gewährten und nach und nach erweiterten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bzw. in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben.
Rz. 81
Das Recht am Unternehmen ist dabei nicht auf Gewerbebetriebe im handelsrechtlichen Sinn beschränkt, sondern steht auch den Angehörigen freier Berufe zu.
Rz. 82
Die Rechtsprechung hat aber mehrfach betont, dass der von ihr erarbeitete Deliktsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht in einen allgemeinen deliktischen Vermögensschutz für Gewerbetreibende ausufern darf, der dem deutschen Rechtssystem in Form der in kasuistischer Art geregelten Deliktstatbestände zuwider laufen würde.
Rz. 83
Deshalb bedarf es für eine sachgerechte Eingrenzung des Haftungstatbestandes des Erfordernisses eines unmittelbaren Eingriffs in dem Sinne, dass der Eingriff sich irgendwie gegen den Betrieb als solchen richtet, also betriebsbezogen ist und nicht vom Gewerbebetrieb ohne Weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betrifft. Ein solcher Eingriff kann sich insbesondere im wirtschaftlichen Umfeld ergeben. Denn der Schutz des § 823 Abs. 1 BGB wird gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährt, wenn die Störung einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt; durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben.
Rz. 84
Durch die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorgenommene Einordnung des Rechts am bestehenden Gewerbebetrieb in den Kreis der "sonstigen Rechte" des § 823 Abs. 1 BGB ist dieses Recht zwar den dort ausdrücklich erwähnten Rechtsgütern Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit und Eigentum hinsichtlich seines Schutzes gleichgestellt. Auch Produktfehler können grundsätzlich derartige Eingriffe auslösen. Die Heranziehung dieses "Auffangtatbestandes", der lediglich geschaffen worden ist, um eine sonst bestehende Lücke im Rechtsschutz zu schließen, ist jedoch ebenfalls nur zum Schutz von Integritätsinteressen gerechtfertigt; auch auf diesem Weg sind auf den Erwerb einer mangelfreien Sache gerichtete Vertragserwartungen – insbesondere Nutzungs- und Werterwartungen – nicht in den Rechtsschutz einbezogen. Darüber hinaus kann das Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb nur gegenüber Eingriffen in Anspruch genommen werden, die gegen den Betrieb als solchen gerichtet, also "betriebsbezogen" sind, und nicht vom Gewerbebetrieb ohne Weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betreffen. Als "betriebsbezogen" in diesem Sinne kommen dabei nur solche Beeinträchtigungen in Betracht, die die Grundlagen des Betriebes bedrohen oder gerade den Funktionszusammenhang der Betriebsmittel auf längere Zeit aufheben oder seine Tätigkeit als solche infrage stellen. Ein derart "betriebsbezogener" Eingriff liegt nicht vor bei einem mit der Wesenseigentümlichkeit des Betriebes nicht in Beziehung stehenden Schadensereignis, etwa wenn davon nur eine einzelne zum Betrieb gehörende Person, ein Betriebsfahrzeug oder eine einzelne Maschine oder ein sonstiges Gerät betroffen wird, die für den Betrieb zwar wichtig sind, keinesfalls aber, wenn sie ausfallen, den Betrieb zum Erliegen bringen oder in seiner Substanz ernstlich beeinträchtigen. Die Berücksichtigung einer solchen Schädigung würde das Gewerbevermögen ohne Sachgrund privilegieren.
Rz. 85
Ein betriebsbezogener Eingriff liegt danach nicht vor, wenn es zu Störungen im Betriebsablauf aufgrund eines schädigenden Ereignisses kommt, das in keinerlei Beziehung zu dem Betrieb steht, mag dadurch auch eine für das Funktionieren des Betriebs maßgebliche Person oder Sache betroffen sein. Insbesondere die Schädigung einer zum Betrieb gehörenden Person stellt danac...