Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 984
Für Bundesfernstraßen – Autobahnen und Bundesstraßen – ist gemäß § 5 Abs. 1 FStrG der Bund Straßenbaulastträger. Verkehrssicherungspflichtig sind (noch) die Länder, die nach Art. 90 Abs. 2 GG diese Verkehrswege im Auftrag des Bundes verwalten. Diese Auftragsverwaltung endet gemäß Art. 143e GG spätestens am 1.1.2021. Zu diesem Datum wird der Bund die Verwaltung der Bundesfernstraßen selbst durch bundeseigene Verwaltungsstrukturen ausführen.
Für Bundesfernstraßen innerhalb geschlossener Ortslagen haben die Gemeinden die Verkehrssicherungspflicht, soweit sie mehr als 80.000 Einwohner haben (§ 5 Abs. 2 FStrG). Bei Gemeinden von mehr als 50.000 Einwohnern kann die Straßenbaulast – und damit die Verkehrssicherungspflicht – unter bestimmten Voraussetzungen übertragen werden (§ 5 Abs. 2a FStrG). Bei kleineren Gemeinden erstreckt sich deren Straßenbaulast nur auf Gehwege und Parkplätze (§ 5 Abs. 3 FStrG).
Rz. 985
Für Landstraßen und Kreisstraßen sind die nach Landesrecht zuständigen Gebietskörperschaften sicherungspflichtig. Die Landesstraßengesetze bestimmen dabei ergänzend, dass die Gemeinden als Träger der Straßenbaulast die Verkehrssicherungspflicht für Gemeindestraßen innerorts und außerorts zu erfüllen haben, soweit sie nicht den dem Bund, dem Land oder den Kreisen zugewiesen sind. Am Beispiel Nordrhein-Westfalen erfolgt die Zuweisung der Straßenbaulast durch die §§ 43, 44, 47 StrWG NRW, demnach sind grundsätzlich den Ländern die Landesstraßen, den Kreisen und kreisfreien Städten die Kreisstraßen und die Gemeindestraßen den Gemeinden zugeordnet. Weitere differenzierende Regelungen trifft das jeweilige Landesrecht; soweit die Zuweisung der Verkehrssicherungspflicht durch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen erfolgt, ist auch diese Zuweisung für die Durchsetzung von Amtshaftungsansprüchen wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ausschlaggebend.
Rz. 986
Für Privatstraßen ist grundsätzlich der Eigentümer verkehrssicherungspflichtig. Der Straßenbaulastträger kann jedoch die Verantwortung für die Straßensicherung durch Vereinbarung mit dem Eigentümer oder tatsächliche Ausführung über längere Zeit übernehmen, sofern die Verkehrsfläche öffentlich bereitgestellt ist. Das ist schon dann der Fall, wenn die Straße tatsächlich für jedermann – auch stillschweigend geduldet – ohne Beschränkung auf einen begrenzten, durch persönliche Beziehungen verbundenen Personenkreis zur Benutzung zugelassen ist und so auch genutzt wird. Feldwege unterliegen ebenfalls dem Grunde nach Verkehrssicherungspflichten. Soweit es sich um öffentliche Wege handelt, sind die nach Landesrecht zuständigen Körperschaften, in der Regel die Gemeinden, verpflichtet. Maßgeblich ist auch hier die tatsächliche Verkehrseröffnung, weil jeder, der auf seinem Grundstück einen Verkehr zulässt, auch die notwendigen Sicherungen zu treffen hat. Das gilt dem Grundsatz nach auch für Trampelpfade über brachliegende Grundstücke oder Trümmergrundstücke. Zu berücksichtigen ist aber, dass an derartige Verkehrswege aufgrund ihrer nur sehr eingeschränkten Verkehrsbedeutung nur geringe Anforderungen im Hinblick auf die Sicherungspflichten gelten können. Für Waldwege greifen besondere Bestimmungen nach den Landeswaldgesetzen. In der Regel ist angeordnet, dass das Betreten des Waldes auf eigene Gefahr erfolgt und sich dies insbesondere auch auf die sog. waldtypischen Gefahren bezieht. In Nordrhein-Westfalen ist dies im Landesforstgesetz wie folgt normiert:
Rz. 987
§ 2 LFoG NRW: Betreten des Waldes (zu § 14 Bundeswaldgesetz)
(1) Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung ist auf eigene Gefahr gestattet, soweit sich nicht aus den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aus anderen Rechtsvorschriften Abweichungen ergeben. Das Betreten des Waldes geschieht insbesondere im Hinblick auf natur- und waldtypische Gefahren auf eigene Gefahr. Zu den natur- und waldtypischen Gefahren zählen vornehmlich solche, die von lebenden und toten Bäumen, sonstigem Aufwuchs oder natürlichem Bodenzustand ausgehen oder aus der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes entstehen.
Die Beschränkung der Haftung des Waldeigentümers auf atypische Gefahren hat der BGH grundlegend in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2012 festgestellt. Demnach sind die sog. waldtypischen Gefahren, etwa ein Astbruch, vom Nutzer des Waldes im Rahmen des allgemeinen Lebensrisikos hinzunehmen. Dies gilt nicht auch für angelegte Waldwege. Für die neben den Waldwegen stehenden Bäume gelten daher die von der Rechtsprechung für die Verkehrssicherung von Straßenbäumen entwickelten Grundätze nicht.
Rz. 988
In Baustellenbereichen trifft sowohl den Bauunternehmer, die Bauleitung als auch den Bauherrn haftungsrechtliche Verantwortung im Sinne der Verkehrssicherung. Bauleitung und Bauunternehmer haften in der Regel nach § 823 BGB nach allgemeinen verkehrssicherungsrechtlichen Grundsätzen; die Körperschaft, die die Privaten mit dem Straßenbau unter Vereinbarung der Übertragung der Verkehrssicherungspflicht...