Rz. 522
§ 105 UrhG sieht in Urheberrechtsstreitigkeiten besondere Gerichte in der Weise vor, dass die Landesregierungen beziehungsweise Landesjustizverwaltungen ermächtigt werden, durch Rechtsverordnungen für die Bezirke mehrerer Landgerichte die Zuständigkeit einem von diesen zuzuordnen. Von dieser Möglichkeit haben die Länder durchweg Gebrauch gemacht. (Siehe dazu § 5 Rdn 4 Muster.)
Rz. 523
Im Folgenden werden die besonderen Gerichte in alphabetischer Reihenfolge der Länder aufgeführt:
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Baden-Württemberg: LG Stuttgart für den OLG-Bezirk Stuttgart, OLG Stuttgart; LG Mannheim für den OLG-Bezirk Karlsruhe, OLG Karlsruhe. |
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Bayern: AG München für die AG-Bezirke der LG-Bezirke München I und II; LG München I für den OLG-Bezirk München; LG Nürnberg-Fürth für die OLG-Bezirke Nürnberg und Bamberg, OLG Nürnberg. |
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Brandenburg: AG/LG Potsdam für Brandenburg, OLG Brandenburg. |
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Berlin: AG Charlottenburg für Berlin, LG Berlin, KG Berlin. |
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Bremen: keine Spezialzuweisung. |
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Hamburg: keine Konzentration. |
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Hessen: AG/LG Frankfurt/M. für die LG-Bezirke Darmstadt, Frankfurt/M., Gießen, Hanau, Limburg a.d. Lahn und Wiesbaden; AG/LG Kassel für die LG-Bezirke Fulda, Kassel und Marburg a.d. Lahn, OLG Frankfurt/M. |
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Mecklenburg-Vorpommern: AG/LG Rostock für Mecklenburg-Vorpommern, OLG Rostock. |
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Niedersachsen: AG/LG Braunschweig für den OLG-Bezirk Braunschweig, OLG Braunschweig; AG/LG Hannover für den OLG-Bezirk Celle, OLG-Celle; AG/LG Oldenburg für den OLG-Bezirk Oldenburg, OLG Oldenburg. |
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Nordrhein-Westfalen: AG/LG Düsseldorf für den OLG-Bezirk Düsseldorf, OLG Düsseldorf; AG/LG Bielefeld für die LG-Bezirke Bielefeld, Detmold, Münster und Paderborn; AG/LG Bochum für die LG-Bezirke Bochum, Dortmund und Essen; AG/LG Hagen für die LG-Bezirke Arnsberg, Hagen und Siegen, OLG Hamm; AG/LG Köln für den OLG-Bezirk Köln, OLG Köln. |
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Rheinland-Pfalz: AG Koblenz für den OLG-Bezirk Koblenz; AG Frankenthal für den OLG-Bezirk Zweibrücken; LG Frankenthal für die OLG-Bezirke Koblenz und Zweibrücken, OLG Zweibrücken. |
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Saarland: LG Saarbrücken, Saarländisches OLG. |
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Sachsen: AG/LG Leipzig für Sachsen, OLG Dresden. |
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Sachsen-Anhalt: AG/LG Halle für die LG-Bezirke Halle und Dessau; AG/LG Magdeburg für die LG-Bezirke Magdeburg und Stendal, OLG Naumburg. |
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Schleswig-Holstein: LG Itzehoe und LG Lübeck spezielle Zuweisungen, nicht hingegen beim LG Flensburg und LG Kiel; OLG Schleswig-Holstein. |
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Thüringen: AG/LG Erfurt für Thüringen, OLG Jena. |
Rz. 524
Im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit wird der Kläger möglichst ein ihm günstig erscheinendes Gericht anrufen wollen. Nach § 32 ZPO wird der Ort der unerlaubten Handlung (aus der Verletzung der §§ 97 ff. UrhG) als maßgeblich angesehen. Entscheidend ist dabei nicht nur der Ort der Begehung (Handlungsort), sondern auch der Ort, an dem sich die maßgebliche Verletzungshandlung auswirkt (Erfolgsort). Dies gilt aber nach der Einführung des § 104a UrhG nur noch für juristische Personen und solche natürlichen Personen, die gewerblich oder freiberuflich tätig wurden.
Rz. 525
Beispiel
Eine Sgiftung des öffentlichen Rechts (Kultur-Sgiftung) lädt Bilddateien auf ihrer Webseite hoch, ohne die notwendige Zustimmung des Fotografen als Rechtsinhaber einzuholen. Dies ist keine nach § 104a UrhG privilegierte Betätigung, so dass alleine der Handlungsort maßgeblich ist. Kann bestimmungsgemäß durch den PC des Rechtsinhabers auf die Webseite der Kultur-Sgiftung zugegriffen werden, so kann die Klage auch am Erfolgsort, also dem Sitz des Fotografen als Rechtsinhaber, eingereicht werden.
Rz. 526
Der sogenannte fliegende Gerichtsstand wird dann angenommen, wenn es aufgrund einer Druckschrift oder der Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehsendungen zu einer Rechtsverletzung kommt. Er ist dann überall dort begründet, wo die Druckschrift bestimmungsgemäß erhältlich ist beziehungsweise die Sendung empfangen werden kann. Im Hinblick auf den zuletzt genannten Gesichtspunkt kann die örtliche Zuständigkeit dadurch herbeigeführt werden, dass der Berechtigte sich etwa ein Exemplar eines Plagiats an seine Adresse zusenden lässt. Dann aber wird dieser Ort ebenfalls zum "Tatort".
Rz. 527
Im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit für die Europäische Union ist Art. 7 Nr. 2 VO 1215/2012 zu beachten, wonach eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates hat, am Ort der unerlaubten Handlung verklagt werden kann. Wird die Urheberrechtsverletzung von einem französischen Staatsbürger in Deutschland begangen, so folgt daraus die Zuständigkeit des deutschen Gerichts. Im Hinblick auf urheberrechtliche Lizenzverträge ist fraglich, ob der allgemeine Vertragsgerichtsstand (Erfüllungsort des Vertrages) gem. Art. 7 Nr. 1 lit. a) EuGVVO oder aber der spezielle Vertragsgerichtsstand des Erfüllungsorts der Dienstleistung gem. Art. 7 Nr. 1 lit. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO zur Anwendung kommt.
Rz. 528
Beispiel
Die Rechteverwalter des verstorbenen Sängers Falco haben ihren Sitz in Wien. Mit dem Lizenznehme...