Rz. 160
Der Urheber hat das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist (§ 12 Abs. 1 UrhG). Dies wird selten ausdrücklich erfolgen (so aber der Genehmigungsvermerk auf korrigierten Druckfahnen bei der Buchveröffentlichung), sondern sich in der Regel aus den Umständen ergeben. Das Veröffentlichungsrecht ist auf alle Werkarten bezogen, gilt auch für Werkteile (soweit schutzfähig) und steht sämtlichen Urhebern zu.
Hinsichtlich der Leistungsschutzrechte gibt es das Veröffentlichungsrecht nur für die Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70 UrhG) sowie für Lichtbildner (§ 72 UrhG).
Ausländer können sich unabhängig von möglichen Staatsverträgen im vollen Umfang auf das Veröffentlichungsrecht berufen (§ 121 Abs. 6 UrhG).
Rz. 161
§ 12 Abs. 1 UrhG gewährt nach wohl h.M. lediglich das Recht zur Erstveröffentlichung. Allerdings hat das LG Berlin entschieden, dass nach einer Veröffentlichung in gedruckter Form noch ein weiteres Recht zur Veröffentlichung durch Fernsehübertragung besteht. Jedenfalls entscheidet der Urheber über das "Ob" und das "Wie" der Veröffentlichung. Der Nutzungsberechtigte hat sich an die Anweisungen des Rechtsinhabers zu halten.
Rz. 162
Für den Fall der Veräußerung des Originals eines Werkes der bildenden Künste oder eines Lichtbildwerkes ergibt sich aus § 44 Abs. 2 UrhG das Recht des Eigentümers, das Werk öffentlich auszustellen, auch wenn es noch nicht veröffentlicht ist, es sei denn, dass der Urheber dies bei der Veräußerung des Originals ausdrücklich ausgeschlossen hat.
Rz. 163
§ 12 Abs. 2 UrhG gewährt dem Urheber das Recht, den Inhalt seines Werkes öffentlich mitzuteilen oder zu beschreiben, solange weder das Werk noch der wesentliche Inhalt oder eine Beschreibung des Werkes mit seiner Zustimmung veröffentlicht ist. Diese Rechte haben keinen unmittelbaren Werkbezug, das Geheimnis bezieht sich hier auf den schutzfähigen Inhalt. Selbst nach Veröffentlichung des in Bezug genommenen Werkes ist das Mitteilungsrecht noch nicht verbraucht.
Was Veröffentlichung heißt, ergibt sich aus § 6 Abs. 1 UrhG.
Der Verbrauch des Veröffentlichungsrechts hängt entscheidend vom Begriff der Veröffentlichung ab.
Die Veröffentlichung liegt in jedem Akt, durch den das Werk öffentlich zugänglich gemacht wird. Dazu zählen die Verbreitung von Werkstücken, der öffentliche Vortrag, eine öffentliche Aufführung oder eine Vorführung sowie die Sendung.
Maßgeblich ist der Begriff der Öffentlichkeit. Öffentlichkeit herrscht bei der Wiedergabe dann, wenn sie für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist, es sei denn, dass der Kreis dieser Personen bestimmt abgegrenzt ist und durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehungen zum Veranstalter persönlich untereinander verbunden ist (§ 15 Abs. 3 UrhG). Eine Veröffentlichung liegt also nicht vor bei Hochschulvorlesungen, es sei denn, dass beliebigen anderen Personen als Hochschulangehörigen Zutritt gewährt wird. Eine Veröffentlichung liegt auch dann nicht vor, wenn ein Autor Werkexemplare an bestimmte Einzelpersonen mit dem Aufdruck "Nicht für die Veröffentlichung bestimmt" versendet. Die Übergabe einer Dokumentation über jüdische Briefe in ein Stadtarchiv, in das nur bei Nachweis eines besonderen Interesses Einsicht gewährt wird, führt noch nicht zum Verbrauch des Veröffentlichungsrechts. Dies gilt auch für die Einreichung von Fachgutachten im vereinfachten Genehmigungsverfahren (keine öffentliche Anhörung) nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz.
Durch das Erscheinen eines Werkes (§ 6 Abs. 2 UrhG) begibt sich der Urheber noch weiterer Schutzrechte, denn nun unterliegt es der Zitierfreiheit (gem. § 51 Nr. 3 UrhG). Es sind auch öffentliche Wiedergaben in gewissen Fällen gestattet (§ 52 Abs. 2 UrhG). Schließlich ist hieran auch die Vergabe einer Zwangslizenz möglich (§ 42a Abs. 1 UrhG). Das Gesetz bestimmt zwei Arten des Erscheinens, zunächst das Inverkehrbringen, sodann auch das Angebot an die Öffentlichkeit. Beide Formen setzen voraus, dass Vervielfältigungsstücke in genügender Anzahl bereits hergestellt sind. Hierüber gibt das Gesetz keine Auskunft. Bei Büchern ist eine genügende Anzahl von Vervielfältigungsstücken dann gegeben, wenn sie ausreichen, um sie im Wahlverkehr der öffentlichen Bibliotheken verfügbar zu machen. Die untere Grenze wird für den Regelfall etwa bei 50 Exemplaren angesetzt. Bei Werken der bildenden Künste ist auch die dauernde öffentliche Ausstellung des Originals oder eines Vervielfältigungsstückes als Erscheinen anzusehen. Hinsichtlich des Merkmals "Angebot an die Öffentlichkeit" gilt, dass das Erscheinen bereits dann vollendet ist, wenn eine ausreichende Anzahl von Exemplaren zur Vermietung oder zum Verleihen bereitgestellt wird. Danach genügt eine Zeitungsanzeige selbst dann, wenn noch kein einziges Exemplar verkauft ist.