Rz. 319
Das Leistungsrecht orientiert sich an den jeweiligen nationalen Vorgaben.
Rz. 320
Die VO (EG) 883/2004 gilt seit 1.5.2010 und koordiniert die Sozialversicherungssysteme der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Art. 85 VO (EG) 883/2004 bestimmt:
Rz. 321
Art. 85 VO (EG) 883/2004 – Ansprüche der Träger
(1) |
Werden einer Person nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats Leistungen für einen Schaden gewährt, der sich aus einem in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen Ereignis ergibt, so gilt für etwaige Ansprüche des zur Leistung verpflichteten Trägers gegenüber einem zum Schadenersatz verpflichteten Dritten folgende Regelung:
a) |
Sind die Ansprüche, die der Leistungsempfänger gegenüber dem Dritten hat, nach den für den zur Leistung verpflichteten Träger geltenden Rechtsvorschriften auf diesen Träger übergegangen, so erkennt jeder Mitgliedstaat diesen Übergang an. |
b) |
Hat der zur Leistung verpflichtete Träger einen unmittelbaren Anspruch gegen den Dritten, so erkennt jeder Mitgliedstaat diesen Anspruch an. |
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(2) |
1Werden einer Person nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats Leistungen für einen Schaden gewährt, der sich aus einem in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen Ereignis ergibt, so gelten für die betreffende Person oder den zuständigen Träger die Bestimmungen dieser Rechtsvorschriften, in denen festgelegt ist, in welchen Fällen die Arbeitgeber oder ihre Arbeitnehmer von der Haftung befreit sind. |
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2Abs. 1 gilt auch für etwaige Ansprüche des zur Leistung verpflichteten Trägers gegenüber Arbeitgebern oder ihren Arbeitnehmern, wenn deren Haftung nicht ausgeschlossen ist. |
(3) |
Haben zwei oder mehr Mitgliedstaaten oder ihre zuständigen Behörden gemäß Art. 35 Abs. 3 und/oder Art. 41 Abs. 2 eine Vereinbarung über den Verzicht auf Erstattung zwischen Trägern, die in ihre Zuständigkeit fallen, geschlossen oder erfolgt die Erstattung unabhängig von dem Betrag der tatsächlich gewährten Leistungen, so gilt für etwaige Ansprüche gegenüber einem für den Schaden haftenden Dritten folgende Regelung:
a) |
Gewährt der Träger des Wohn- oder Aufenthaltsmitgliedstaats einer Person Leistungen für einen in seinem Hoheitsgebiet erlittenen Schaden, so übt dieser Träger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften das Recht auf Forderungsübergang oder direktes Vorgehen gegen den schadenersatzpflichtigen Dritten aus. |
b) |
Für die Anwendung von Buchstabe a) gilt
i) |
der Leistungsempfänger als beim Träger des Wohn- oder Aufenthaltsorts versichert und |
ii) |
dieser Träger als zur Leistung verpflichteter Träger. |
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c) |
Die Absätze 1 und 2 bleiben für alle Leistungen anwendbar, die nicht unter die Verzichtsvereinbarung fallen oder für die keine Erstattung gilt, die unabhängig von dem Betrag der tatsächlich gewährten Leistungen erfolgt. |
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Rz. 322
Welche Sozialleistungen unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe gewährt werden, regeln die nationalen Rechtsordnungen der EU-Mitgliedstaaten zwar autonom. Die VO (EG) 883/2004 koordiniert dann allerdings die mitgliedstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit, soweit es deren Zielsetzung erfordert. Aufgabe der VO (EG) 883/2004 – und dort von großer Bedeutung (Erwägungsgrund 18a) – ist es, Personen, die sich innerhalb der Gemeinschaft bewegen, dem System der sozialen Sicherheit nur eines einzigen Mitgliedstaats zu unterwerfen, um eine Kumulierung anzuwendender nationaler Rechtsvorschriften und sich daraus ergebender Komplikationen zu vermeiden (Erwägungsgrund 15). Dabei ist der Wohnort der abzusichernden Person nachrangig (Erwägungsgrund 16).
Rz. 323
Art. 2 VO (EG) 883/2004 bestimmt den persönlichen Geltungsbereich. Für Arbeitnehmer, welche die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats besitzen und für die die VO (EG) 883/2004 nach Art. 2 Abs. 1 gilt, ist nach Art. 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 lit. a, Art. 11 Abs. 1, Abs. 3 lit. a VO (EG) 883/2004 allein das Sozialrecht desjenigen Mitgliedstaats anzuwenden, in dem der Arbeitnehmer abhängig beschäftigt ist, selbst wenn er in einem anderen Mitgliedstaat wohnt (siehe auch Art. 7 sowie Art. 13 Abs. 1 lit. b VO (EG) 883/2004). Der Wohnort der abzusichernden Person ist nachrangig (siehe auch VO (EG) 883/2004, Erwägungsgrund 16).
Rz. 324
Art. 85 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 enthält den Grundsatz, dass zugunsten des leistenden Trägers (Legaldefinition Art. 1 lit. p, q) bestehende Forderungsübergänge oder dem Träger originär zugewiesene Ansprüche (z.B. § 110 SGB VII) gemeinschaftsweit anzuerkennen sind.
Rz. 325
Die VO (EG) 883/2004 regelt die Anerkennung der Forderungsberechtigung. Die VO (EG) 883/2004 bestimmt aber nur, dass sich das Zessionsrecht nach jeweiligem nationalem Recht richtet. Die VO besagt aber nichts zur Auflösung von Konkurrenzen bei parallel eintretenden Sozialleistungsträgern. Art. 85 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 betrifft das Konkurrenzverhältnis von Sozialleistungsrecht und Schadenersatzanspruch. Art. 85 VO (EG) 883/2004 löst das Konkurrenzverhältnis dahingehend auf, dass dem nach dem Sozialrechtsstatut vorgesehenen Forder...