Rz. 1171
Im Anschluss an einen Vorbehaltsvergleich kann die dreijährige Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB (§ 852 BGB a.F.) erneut zu laufen beginnen.
Rz. 1172
Das zum 1.1.2002 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechtes hat zwar erhebliche Änderungen im Recht der Verjährung vorgenommen, letztlich verblieb es aber grundsätzlich bei der zu § 852 BGB a.F. entwickelten Rechtslage.
aa) Vorbehalt in der Abfindungserklärung
Rz. 1173
Hinweis
Siehe im Einzelnen § 5 Rdn 871 ff.
Rz. 1174
Der Abfindungsvergleich beendet (spätestens) die Verjährungshemmung, die mit der Anmeldung von Ersatzansprüchen nach § 115 Abs. 2 S. 3 VVG (§ 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a.F.) begonnen hatte. Der Schadenersatzanspruch kann also drei Jahre nach Zahlung des Vergleichsbetrages trotz der Vorbehaltsabfindungserklärung verjähren.
Rz. 1175
Akzeptiert der Ersatzpflichtige (bzw. dessen Haftpflichtversicherer) in einer Abfindungserklärung des Geschädigten einen auf den materiellen Zukunftsschaden gerichteten Vorbehalt, stellt die Teilabfindung nur ein Anerkenntnis i.S.v. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB dar mit der Konsequenz, dass die Verjährungsfrist nach Ende der Hemmung unterbrochen wird und eine neue dreijährige Frist ab Vergleichsschluss zu laufen beginnt.
bb) Verjährungsverzicht
Rz. 1176
Hinweis
Zu Einzelheiten § 5 Rdn 261 ff., 291 ff.
Rz. 1177
Die Erklärung gegenüber einem Ersatzberechtigten, man "verzichte auf die Einrede der Verjährung wie bei einem Anerkenntnisurteil", ist im Zweifel als vertragliche Ersetzung eines Feststellungsurteils zu werten.
Rz. 1178
Wird ein Verjährungsverzicht abgegeben, sollte diese Erklärung allerdings auch nicht weitergehen als der Verletzte mit einem Feststellungsurteil erreichen würde. Beispielsweise gilt für regelmäßig wiederkehrende, erst künftig fällig werdende Leistungen (u.a. Verdienstausfall) auch nach einem Feststellungsurteil eine dreijährige Verjährungsfrist ab jeweiliger Fälligkeit (siehe § 5 Rdn 188, 193 f., 732 ff).
Rz. 1179
Ein unbegrenzter Verjährungsverzicht verbietet sich rechtlich und sollte weder verlangt noch abgegeben werden, da ein solcher Verzicht in einem Gerichtsverfahren nicht zu erhalten wäre und dem Fordernden mehr gäbe als ein Urteil (siehe § 197 Abs. 2 BGB). § 202 Abs. 2 BGB zieht bei "unbegrenzten" Verzichten eine absolute Grenze mit 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn (auch § 5 Rdn 284).
cc) Feststellungsinteresse
Rz. 1180
Hinweis
Siehe ergänzend Rdn 1184 ff.; § 3 Rdn 18 f., 75 ff.
Rz. 1181
Das Rechtsschutzinteresse für eine Feststellungsklage fehlt zwar nicht, weil der Ersatzpflichtige für längere Zeit einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung abgegeben hat.
Rz. 1182
Das Anerkenntnis eines Versicherers ist aber geeignet, eine Feststellungsklage entbehrlich zu machen. Das Feststellungsinteresse entfällt, wenn die mit einer Feststellungsklage erzielbaren Rechtswirkungen auch durch ein außergerichtliches Anerkenntnis des Ersatzpflichtigen herbeigeführt werden (auch Rdn 1185 ff., dort Fn 1214). Ein deklaratorisches oder abstraktes Schuldanerkenntnis führt zu einem Neubeginn der Verjährung (§§ 195, 199, 212 BGB). Soll das vom Schuldner abgegebene Anerkenntnis ein Feststellungsurteil ersetzen, ist anzunehmen, dass es die Verjährungsfrist konkludent auf 30 Jahre verlängert. Mit einem Anerkenntnis, das die Wirkung eines Feststellungsurteils nur teilweise erreicht ("Hinsichtlich der Verjährung wird der Verletzte so gestellt, als habe er heute ein rechtskräftiges Feststellungsurteil erstritten."), muss sich ein Ersatzberechtigter dagegen nicht zufrieden geben.
Rz. 1183
Beschränkt der Haftpflichtversicherer seine Eintrittspflicht auf seine versicherungsvertragliche Einstandspflicht (z.B. "Eintrittspflicht im Rahmen des bestehenden Krafthaftpflichtvertrages"), liegt darin keine zur Feststellungsklage berechtigende Einschränkung der Rechtsposition des Geschädigten.