Rz. 90

Weiterhin stellt die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft eine absolute Sicherung des Nacherben vor unentgeltlichen Verfügungen dar. Auch diese Verfügungen sind gemäß § 2113 Abs. 2 BGB unwirksam, soweit sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würden. Von dieser Beschränkung kann der Vorerbe nicht gemäß § 2136 BGB befreit werden. Eine Ausnahme bilden lediglich so genannte Pflicht- oder Anstandsschenkungen gemäß § 2113 Abs. 2 S. 2 BGB. Rechtsgrundlose Verfügungen sollen dabei unentgeltlichen Verfügung gleichgestellt sein.[136]

 

Rz. 91

Unentgeltlichkeit liegt ansonsten dann vor, wenn eine Gegenleistung nicht erfolgt und somit dem Nachlass nichts Gleichwertiges wieder zugutekommt.[137] Hierbei muss sowohl objektiv als auch subjektiv Unentgeltlichkeit gegeben sein. Objektiv ist dies der Fall, wenn keine oder keine gleichwertige Gegenleistung in den Nachlass fließt. Subjektiv liegt Unentgeltlichkeit dann vor, wenn der Vorerbe das Fehlen einer Gegenleistung oder deren Ungleichwertigkeit erkannt hat oder nach den Maßstäben ordnungsgemäßer Verwaltung hätte erkennen müssen.[138] Im Gegensatz zu § 2113 Abs. 1 BGB wird hier jedoch eine wirtschaftliche und nicht eine rechtliche Betrachtungsweise angelegt.[139] Dabei kommt es darauf an, ob der Vorerbe im Hinblick auf die ihm bekannte Herausgabepflicht der Vorerbschaft erkennen konnte, dass die Rechte des Nacherben durch die Verfügung beeinträchtigt werden. Auch wenn eine Gegenleistung in den Nachlass zurückfließt, diese jedoch deutlich weniger wert ist als der veräußerte Gegenstand, führt diese Teilunentgeltlichkeit zur Unwirksamkeit der gesamten Verfügung.[140] Unentgeltlichkeit liegt ebenfalls vor, wenn zwar eine Gegenleistung des Vertragspartners vereinbart und auch geleistet wird, diese aber nicht dem Nachlass, sondern dem Vorerben direkt zukommt und es ausgeschlossen ist, dass die Leistung (auch) dem Nachlass zugutekommen kann, z.B. beim Verkauf eines Nachlassgegenstandes gegen eine Leibrente für den Vorerben.[141] In diesem Fall findet keine Surrogation gemäß § 2111 BGB statt, so dass aus Sicht des Nacherben eine unentgeltliche Verfügung vorliegt.[142]

[136] MüKo/Lieder, § 2113 Rn 54.
[137] Palandt/Weidlich, § 2113 Rn 9.
[139] Palandt/Weidlich, § 2113 Rn 10.
[140] Nieder/Kössinger/Kössinger/Zintl, § 10 Rn 16, 37.
[141] MüKo/Lieder, § 2113 Rn 48.
[142] Nieder/Kössinger/Kössinger/Zintl, § 10 Rn 16, 37.

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