Prof. Dr. iur. Michael Sattler
Rz. 26
& Zu 4.
Aus Gründen der Verständlichkeit verwenden wir das Begriffspaar "Gläubiger" und "Schuldner" anstelle der gesetzlichen Bezeichnungen "Antragsteller" bzw. "Antragsgegner".
Als Rechtsanwalt ist man an das automatisierte Mahnverfahren gebunden. Zur Vereinfachung kann aber eine Kennziffer für sich und seinen Mandanten jeweils unabhängig voneinander beantragt werden. Bei Verwendung einer Kennziffer werden Antragssteller und Prozessbevollmächtigter automatisch eingetragen. Die Daten werden dann automatisch in den Mahnbescheid und Vollstreckungsbescheid übernommen. Der Antrag kann beim zuständigen Mahngericht formlos gestellt werden.
Als weitere Möglichkeit steht das Barcodeverfahren zur Verfügung. Auf der Website des zuständigen Amtsgerichts kann der Mahnantrag ausgefüllt, am eigenen Drucker ausgedruckt und per Post an das Mahngericht gesandt werden.
Ferner können Sie per beA sowie entsprechender Software die Daten an das zuständige Amtsgericht übermitteln. Voraussetzung ist weiter, dass eine Einzugsermächtigung für die Gerichtskosten erteilt wird.
Rz. 27
& Zu 5.
Die Zustellung des Mahnbescheids erfolgt per Postzustellungsauftrag. Eine öffentliche Zustellung ist im Mahnverfahren nicht möglich, anders als bei der Zustellung des Vollstreckungsbescheids. Es muss also eine zustellfähige Anschrift für das Mahnverfahren vorliegen.
Rz. 28
& Zu 6.
Die Gebühren des Rechtsanwalts belaufen sich für das Mahnverfahren auf eine 1,0 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3305 VV RVG. Sollte bereits eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV entstanden sein, wird diese hälftig, höchstens jedoch mit einem Gebührensatz von 0,75 angerechnet.
Für die Beantragung des Vollstreckungsbescheids erhält der Rechtsanwalt eine 0,5 Verfahrensgebühr nach Nr. 3308 VV RVG zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer.
Der Vollstreckungsbescheid wird entweder durch das Gericht oder im Parteibetrieb über einen Gerichtsvollzieher zugestellt. Letztere Variante kann interessant sein, wenn mit der Zustellung gleichzeitig die Vollstreckung verbunden wird, was Zeit sparen kann.
Rz. 29
& Hemmung der Verjährung des Anspruchs
Mit Eingang des Mahnbescheidantrags bei Gericht tritt Hemmung der Verjährung nach § 167 ZPO ein. Voraussetzung ist, dass die Zustellung demnächst erfolgt. Unter "demnächst" ist nicht nur ein zeitlicher Moment zu verstehen, sondern auch die Frage, wer die Verzögerung zu vertreten hat. Der Anspruch muss hinreichend individualisiert sein (vgl. BGH v. 6.11.2007 – Az. X ZR 103/05).
Rz. 30
& Urkunden-, Scheck- und Wechselmahnverfahren
Diese in § 703a ZPO geregelte Art unterscheidet sich dadurch, dass im Falle des Widerspruchs das Verfahren automatisch in der jeweiligen Prozessart bei Gericht weitergeführt wird.
Die Ansprüche aus Urkunden, Schecks und Wechseln können aber auch im normalen Mahnverfahren geltend gemacht werden.
Rz. 31
& Umgehung von Gütestellen
In einigen Bundesländern kann bei niedrigen Streitwerten das Klageverfahren nicht sofort durchgeführt werden. Es muss zunächst ein Schlichtungsverfahren nach den landesrechtlichen Vorschriften erfolgen (vgl. § 15a EGZPO sowie die entsprechenden Landesjustizgesetze).
Dies gilt nicht, wenn vom Mahnverfahren aufgrund eines Widerspruchs oder Einspruchs in das streitige Verfahren übergegangen wird.
Rz. 32
& Europäischer Zahlungsbefehl
In allen EU-Mitgliedsstaaten gibt es die Möglichkeit – bis auf wenige Ausnahmen – einen europäischen Mahnbescheid zu beantragen. Die Realisierung von Forderungen gegenüber Schuldnern soll dadurch vereinfacht werden. Das Amtsgericht Berlin-Wedding ist dabei das zentrale für Deutschland zuständige Mahngericht.