Rz. 20
Je sorgfältiger die Gründung des Joint Ventures geplant ist, desto eher ist gewährleistet, dass die verschiedenen Interessen der Partner angemessen im Vertragswerk Berücksichtigung finden. Dies ist im Hinblick auf das bereits erwähnte Konfliktpotenzial eines Joint Ventures von großer Bedeutung.
Rz. 21
Als erster Schritt empfiehlt sich der Abschluss einer Geheimhaltungserklärung zwischen den beteiligten Partnern. Mit der Geheimhaltungserklärung wird zum einen der Schutz sensibler Informationen bezweckt, welche die Partner zu den von ihnen in das Joint Venture einzubringenden Unternehmen, Unternehmensteilen oder Vermögensgegenständen i.R.d. Verhandlungen und insb. der Due Diligence (s. dazu Rdn 24 f.) offenlegen. Zum anderen wird üblicherweise der Gegenstand der Verhandlungen selbst, die Planung des Joint Ventures, der Geheimhaltung unterworfen.
Die Geheimhaltungserklärung ist umso wichtiger, je intensiver die künftigen Partner miteinander im Wettbewerb stehen. Konkurrieren die Joint Venture-Partner auf denselben Märkten, empfiehlt sich eine besonders strikte Gestaltung, ggf. mit der Androhung einer Vertragsstrafe im Fall der Vertragsverletzung, um die Gefahr eines Missbrauchs offengelegter Informationen einzuschränken. Allerdings wird man sich in einem solchen Fall nicht auf den beschränkten Schutz einer Geheimhaltungserklärung verlassen wollen, sondern besonders wettbewerbssensitive Informationen, wie z.B. Einkaufspreise oder Kundenrabatte, einem separaten Verfahren unterwerfen. In Betracht kommt z.B., die Informationen bis kurz vor Abschluss des Joint Venture-Vertrages zurückzuhalten oder sie Dritten (einem sog. "Clean Team") zur Verfügung zu stellen, die verpflichtet sind, sie nur gefiltert weiterzugeben. Eine verschärfte Geheimhaltung kann auch kartellrechtlich geboten sein.
Hinweis
Die Verpflichtung zur Geheimhaltung sollte im Joint Venture-Vertrag (s.u. Rdn 31 ff.) wiederholt werden. Nach Gründung des Joint Ventures geraten Geheimhaltungs- und andere Vorfeldvereinbarungen schnell in Vergessenheit. Außerdem können sie durch übliche Klauseln im Joint Venture-Vertrag wie "Dieser Vertrag ersetzt sämtliche früheren schriftlichen oder mündlichen Vereinbarungen zu seinem Gegenstand" unerkannt aufgehoben werden.
Rz. 22
Die Geheimhaltungsvereinbarung kann Gegenstand des sog. Letter of Intent (auch Absichtserklärung, Memorandum of Understanding oder Heads of Agreement genannt) sein. Wird die Geheimhaltung separat geregelt, ist der Letter of Intent typischerweise das nächste Dokument, das die Partner miteinander vereinbaren. Es hat zum Ziel, das weitere Verfahren – Due Diligence und Verhandlungen (s.u. Rdn 24 f. und Rdn 26 f.) – sowie die Eckpunkte für das angestrebte Joint Venture zu konkretisieren.
Grds. entfaltet der Letter of Intent seinem Inhalt nach keine rechtliche, sondern nur eine "kaufmännische" Bindung. Diejenige Partei, die sich im Verlauf der Verhandlungen von den Festlegungen des Letter of Intent entfernen will, trägt die Begründungslast, sofern die andere Seite denn überhaupt bereit ist, über eine solche Abweichung zu verhandeln. Von dem geschilderten Grundsatz abweichend werden üblicherweise einzelne Regelungen des Letter of Intent ausdrücklich als verbindlich vereinbart. Dies gilt bspw. zu Klauseln über Geheimhaltungspflichten, eine etwaige Exklusivität der Verhandlungen oder die Rechtswahl und den Gerichtsstand.
Hinweis
Gegenstand verbindlicher Regelungen im Letter of Intent sind darüber zuweilen häufig sog. Break-Fee-Vereinbarungen. Sie verpflichten einen oder beide Vertragspartner, im Fall des Scheiterns der Verhandlungen eine bestimmte Geldsumme zu zahlen. Break-Fee-Vereinbarungen können – je nach dem vereinbarten Anlass für die Zahlungspflicht – der Kostenerstattung oder auch der Sicherung der Transaktion dienen. Aufgabe des beratenden Anwalts ist es, die Auslösungstatbestände klar und präzise zu formulieren und den Zweck der Regelung zum Ausdruck zu bringen.
Mandanten unterschätzen manchmal die faktische Bindungswirkung, die ein Letter of Intent entfaltet. Der Anwalt sollte jedenfalls darauf drängen, zu den Verhandlungen über den Letter of Intent hinzugezogen zu werden. Zwar nimmt der Letter of Intent den Joint Venture-Vertrag nicht vorweg. Sofern Punkte aber im Letter of Intent geregelt werden, sollte auf ihre Formulierung ähnliche Sorgfalt verwandt werden wie bei dem eigentlichen Vertrag.
Rz. 23
Der Letter of Intent sollte einen konkreten Zeit- und Maßnahmeplan enthalten, der die Schritte bis zur Verwirklichung des Joint Ventures beschreibt und damit die beiderseitigen Erwartungen und Verantwortlichkeiten transparent macht. Typischerweise obliegt es den beratenden Anwälten, den Zeit- und Maßnahmeplan aufzustellen. Für die Qualität des Plans ist es entscheidend, dass sämtliche erforderlichen Schritte identifiziert und mit realistischen Zeitfenstern versehen werden.