Rz. 22
Beitragsansprüche der Sozialversicherungsträger verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge fällig geworden sind, § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV. Wurden die Beiträge jedoch vorsätzlich vorenthalten, so verjähren die Ansprüche erst in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind, § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV. Ausreichend ist insoweit bereits bedingter Vorsatz.
Rz. 23
Beitragsforderungen können verwirken. Die Rechtsprechung hat solche Fälle angenommen, wenn die Versicherungsträger bei den Versicherten ein besonderes Vertrauen darauf erweckt haben, dass Beitragsforderungen nicht bestehen. Zu dem reinen Zeitmoment muss nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ein Umstandsmoment hinzukommen. Dazu muss der Versicherungsträger im Kontakt mit dem Beitragspflichtigen in besonderer Weise das Vertrauen darauf geweckt haben, dass Beiträge nicht entstehen oder entstandene Beiträge nicht mehr geltend gemacht werden. Der bloße Umstand, dass die Fallgestaltung im Rahmen einer früheren Sozialversicherungsprüfung ohne Beanstandung geblieben ist, genügt nach der Rechtsprechung jedenfalls nicht. Denn die Prüfungen erfolgen lediglich nach dem Stichprobenprinzip, und im Anschluss an beanstandungsfrei gebliebene Betriebsprüfungen ergeht kein Verwaltungsakt des prüfenden Rentenversicherungsträgers, auf den der Arbeitgeber vertrauen könnte.
Rz. 24
Das BSG sieht die SV-Prüfer dazu verpflichtet, bei jeder Betriebsprüfung die besonders streitanfälligen Fälle der geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH und der mitarbeitenden Familienangehörigen stets zu prüfen und zudem auch in Fällen beanstandungsfreier SV-Prüfung einen Verwaltungsakt zu erlassen, aus dem sich konkret ergibt, welche Abrechnungen Gegenstand der Prüfung gewesen sind. Nach eigener Einschätzung der Rentenversicherungsträger sind diese dazu jedoch nicht verpflichtet; sie haben sich dazu entschieden, dieser Vorgabe des höchsten deutschen Sozialgerichts nicht zu folgen. Zwar sehen sie sich – vorgeblich "freiwillig", nach eigener Darstellung aber ggfs. wiederum nur auf Hinweis des Arbeitgebers – seit Anfang 2021 die Fallgruppen der Gesellschafter-Geschäftsführer und der mitarbeitenden Familienangehörigen stets an und nehmen ihre Feststellungen in den abschließenden Verwaltungsakt auf. Die im Zusammenhang dieses Buchs relevante allgemeine Aufnahme aller geprüften Sachverhalte in einen abschließenden, betreffend die geprüften Sachverhalte Rechtssicherheit vermittelnden Verwaltungsakt lehnen die Rentenversicherungsträger aber ab.
Rz. 25
Nach hiesiger Auffassung ergibt sich aus § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV nicht nur die Befugnis der Rentenversicherungsträger, im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe zu erlassen, sondern auch die entsprechende Verpflichtung. Arbeitgebern ist zum Abschluss der Prüfung dazu zu raten, einen Verwaltungsakt zu verlangen, aus dem sich im Einzelnen ergibt, welche Prüfungen genau vorgenommen worden sind, gerade auch soweit diese Prüfungen ohne Beanstandung geblieben sind. Zwar bleibt es ins Ermessen des Prüfers gestellt, welche Fälle er stichprobenartig prüft; der Arbeitgeber hat aber einen Anspruch auf formale Feststellung dieses Prüfungsumfangs.