Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 18
Die Pflicht zur elektronischen Übermittlung in Strafsachen (und aufgrund der Verweisung gem. § 110c OWiG in OWi-Sachen) ist in § 32d StPO geregelt, der zum 1.1.2022 in Kraft getreten ist. Dabei wird hier – anders als z.B. in ZPO-Verfahren – unterschieden zwischen verschiedenen elektronischen Dokumenten.
Rz. 19
Zitat
§ 32d StPO
Pflicht zur elektronischen Übermittlung
"1Verteidiger und Rechtsanwälte sollen den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument übermitteln. 2Die Berufung und ihre Begründung, die Revision, ihre Begründung und die Gegenerklärung sowie die Privatklage und die Anschlusserklärung bei der Nebenklage müssen sie als elektronisches Dokument übermitteln. 3Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, ist die Übermittlung in Papierform zulässig. 4Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen."
Rz. 20
Hinweis
§ 32d StPO trat am 1.1.2022 in Kraft. Gem. § 32d S. 1 StPO sollen Verteidiger und Rechtsanwälte seit dem 1.1.2022 den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument übermitteln.
Rz. 21
Die Soll-Vorschrift des § 32d StPO gilt damit für:
▪ |
Schriftsätze und deren Anlagen |
▪ |
schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen |
Die Muss-Vorschrift des § 32d StPO gilt für:
▪ |
Berufung |
▪ |
Berufungsbegründung |
▪ |
Revision |
▪ |
Revisionsbegründung |
▪ |
Gegenerklärung zur Berufungsbegründung oder Revisionsbegründung |
▪ |
Privatklage |
▪ |
Anschlusserklärung als Nebenkläger |
Rz. 22
§ 32d S. 1 StPO regelt, dass Verteidiger und Rechtsanwälte grundsätzlich verpflichtet sein sollen, alle innerhalb des Strafverfahrens zu übermittelnden Dokumente dem Adressaten als elektronisches Dokument zu übermitteln; wobei von dieser Regelpflicht zur elektronischen Kommunikation nach Ansicht des Gesetzgebers nur im Ausnahmefall abgewichen werden darf.
Rz. 23
§ 32d S. 2 StPO regelt demgegenüber eine Rechtspflicht zur Einreichung der dort genannten Verfahrenserklärungen. Diese Aufzählung ist nach Ansicht des Gesetzgebers abschließend. Verstoß gegen die in Satz 2 genannte Rechtspflicht dürfte als Verstoß gegen eine zwingende Prozesshandlungsvoraussetzung anzusehen sein, Fristversäumnis droht, wenn Anwälte und Verteidiger sich hieran nicht halten.
Rz. 24
Die Sollvorschrift des Satzes 1 dagegen lässt im Ausnahmefall auch eine Einreichung in Schriftform zu. Der Gesetzgeber begründet dies wie folgt:
Zitat
"Eine strenge Nutzungspflicht soll danach nur für solche schriftlichen Erklärungen bestehen, bei denen ausgeschlossen ist, dass sie in einer besonders eilbedürftigen Situation, in der zudem die für eine elektronische Kommunikation erforderliche Infrastruktur fehlen kann – etwa in einem Verhandlungs- oder Haftprüfungstermin – abzugeben sind. Die Möglichkeit, die entsprechende Erklärung nicht in Schriftform abzugeben, sondern zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären, wird durch § 32d StPO-E nicht eingeschränkt, weil die Vorschrift von vornherein nur die schriftliche Einreichung von Verfahrenserklärungen erfasst. Sonstige Verfahrenserklärungen, insbesondere Einlassungen zur Sache, Anträge zum Verfahren oder auch Beschwerden sollen vom Formzwang ausgenommen bleiben, weil diese Erklärungen im Strafverfahren auch weiterhin durch eine handschriftliche Erklärung möglich bleiben sollen, die der Verteidiger jederzeit auch ohne technische Hilfsmittel vornehmen können muss. Entsprechende nicht elektronische Erklärungen sind dann vom Gericht gemäß § 32e StPO-E in die elektronische Form umzuwandeln."
Rz. 25
Die Nichteinhaltung dieser zwingenden Formanforderungen an die in § 32d S. 2 StPO genannten Rechtmittel, deren Begründungen bzw. Erklärungen bewirkt deren Unwirksamkeit.
Rz. 26
Sofern der Beschuldigte oder ein nicht vertretener Nebenkläger oder sonstiger Verfahrensbeteiligter Dokumente selbst (also nicht über einen Rechtsanwalt oder Verteidiger) einreicht, gilt die Nutzungspflicht für diesen nicht. Die Pflicht zur Nutzung der elektronischen Form für Staatsanwaltschaften, Gerichte und sonstige am Verfahren beteiligte Strafverfolgungsbehörden regelt § 32b Abs. 3 StPO.
Rz. 27
Ob die vorübergehende technische Unmöglichkeit in der Sphäre des Empfängers oder Absenders liegt, spielt für eine Anwendung von § 32d S. 3 StPO keine Rolle. In diesen Fällen kann auf die Einreichung in Papierform zurückgegriffen werden. Eine vorübergehende technische Unmöglichkeit kann z.B. ein Serverausfall sein. Beachten Sie bitte, dass die Einschränkungen "aus technischen Gründen" und "vorübergehend" nach Ansicht des Gesetzgebers klarstellen, dass "die Einreichenden hierdurch nicht von der Notwendigkeit entbunden sind, die notwendigen technischen Einrichtungen für die Einreichung elektronischer Dokumente vo...