1. Jährliche Liquidität
Rz. 26
Ein zweiter wesentlicher Baustein der Finanzplanung ist die Analyse und Bewertung der Liquidität. Hierbei ist es von elementarer Bedeutung, dass die Vermögensinhaber jederzeit in der Lage sind, sämtlichen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Hierfür bedarf es des Überblicks über die jährlichen Zahlungsströme (Saldo aus Einnahmen und Ausgaben), um evtl. Besonderheiten (z.B. Unterdeckung aufgrund einer fälligen Darlehensforderung gegenüber Tilgungsaussetzung) berücksichtigen zu können. In der folgenden Grafik wird von einer Unternehmensaufgabe im Jahre 2031 ausgegangen.
Obige Liquiditätsbetrachtung stellt die Ein- und Ausgaben gegenüber und hieraus resultiert ein Saldo (positiv wie negativ) in der jährlichen Liquidität. Der hohe Überschuss im Jahre 2031 resultiert planerisch aus der Veräußerung des Unternehmens.
2. Kumulierte Liquidität
Rz. 27
Da der Vermögensinhaber noch einige Jahre in diesem Ist Szenario erwerbstätig bleibt und bis dahin noch weitere Überschüsse in der Liquidität planerisch erzielt werden, sollte zusätzlich ein Blick auf die Entwicklung der kumulierten Liquidität geworfen werden. Hierbei wird simuliert, dass die Liquiditätsüberschüsse rein auf ein imaginäres Tagesgeldkonto transferiert werden, welches aufgrund der aktuellen Zinsentwicklung ohne Guthabenverzinsung berücksichtigt wird. Aus der folgenden Grafik wird nun ersichtlich, dass die Vermögensinhaber nur durch den Zuwachs der zukünftigen Liquidität (Voraussetzung ist ein planungskonformer Verlauf) insgesamt eine zusätzliche freie Liquidität von ca. 500.000 EUR bis zum Jahr 2030 aufbauen kann. Im Jahr 2031 erhöht sich die kumulierte Liquidität nochmals um den Nettoveräußerungserlös der GmbH. Dies bedingt in diesem Falle allerdings auch den sofortigen Verkauf mit dem heute kalkulierten "Firmenwert". Ein Fortführungsszenario (z.B. durch Anteilsübernahme des Kindes) bedarf einer separaten Betrachtung.
In der kumulierten Darstellung werden zunächst die jährlichen Überschüsse fortgeschrieben und bilden somit eine Betrachtungsmöglichkeit (ohne die Berücksichtigung von möglichen Verkäufen einzelner Vermögensbestandteile) rein auf der Ebene der zu erwartenden Liquiditätsströme.
Rz. 28
Exkurs: Nullzinspolitik
An dieser Stelle sei ein kurzer Exkurs zum aktuellen Zinsumfeld erlaubt, der für jeden Vermögensinhaber (in unterschiedlicher Ausprägung und Gestalt) in Zukunft ein erschwertes Umfeld mit sich bringen wird.
Gegenüber einer Finanzplanung im Jahre 2011 (dort wurde in etwa eine Zinsannahme für die Überschussliquidität i.H.v. 2,0 % p.a. kalkuliert), hat der Finanzplaner diese auf ca. 0,00 % p.a. aktuell reduziert. D.h. planerisch fällt der Ertrag aus den freien Überschüssen gegenüber den Vorjahren komplett aus!
Warum ist das so? Die Antwort liegt in der sog. Nullzinspolitik der EZB (Europäische Zentralbank). Diese hat in den vergangenen Jahren durch verschiedene Maßnahmen (beispielhaft seien an dieser Stelle nur die Absenkung des Leitzinses auf 0,00 % und das massive Anleihekaufprogramm genannt) faktisch einen möglichen Zinsertrag für den Investor eliminiert. Somit hat auch der Begriff "risikoloser Zins" (der mögliche Ertrag für eine nicht ausfallgefährdete Geldanlage) mehr als nur an Bedeutung verloren. Zwischenzeitlich müssen auch Banken an die EZB einen Zins zahlen (0,50 %), wenn Sie Kapital dort parken wollen/müssen. Dies hat u.a. auch die Banken dazu veranlasst, wie bereits beschrieben teilweise Verwahrentgelte den Verbrauchern in Rechnung zu stellen
Rz. 29
Wie man den nachfolgenden Grafiken entnehmen kann, lag die Rendite für Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit ausgewählter Länder weltweit (ebenso wie europäischer Staaten) im Dezember 2020 zum größten Teil im negativen Bereich. Man kann davon ausgehen, dass aktuell in etwa mehr als 80 % aller europäischen Anleihen eine negative Verzinsung haben. D.h. die Staaten können sich auf dieser Basis kostenlos refinanzieren.
Neben den Staatsanleihen flossen Kapitalströme auch in den Bereich der Unternehmensanleihen, da diese in der Regel einen Zinsaufschlag für das höhere Risiko gegenüber einer Staatsanleihe zahlen. Somit verdienen diese Unternehmen (ebenso wie die beschriebenen Staaten) mit der Ausgabe von Anleihen Geld anstatt wie üblich einen Zins hierfür zu entrichten.
Quelle: Statista Research Department, Wellenreiter-Invest
Rz. 30
Was bedeutet dies nun für den Anleger/Investor?
Die klassischen Kapitalanlagen der deutschen Bundesbürger leiden massiv unter der Nullzinspolitik. Bei den Lebensversicherungsgesellschaften brechen die Erträge ein, sodass der Versicherungsnehmer nur noch sehr geringe Erträge aus den klassischen Versicherungsverträgen erwarten kann (Achtung: Speziell auch im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge kann es zu gravierenden Einschnitten kommen, insbesondere auch bei Gesellschafterversorgungsmodellen im Rahmen von Pensionszusagen). Diesem Umstand geschuldet ist auch der aktive Rückzug der Assekuranz aus den klassischen Versicherungsprodukten hin zu Modellen, in denen der Anleger das Zi...