Dr. Wolfgang Kürschner, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 22
Eine Freizeichnung des Frachtführers, Schiffers oder Schiffseigners in AGB für leichte Fahrlässigkeit hinsichtlich der anfänglichen Fahr- oder Ladungstüchtigkeit ist unwirksam. In gleicher Weise ist die Freizeichnung des Einlagerers ausgeschlossen, soweit es sich um die Eignung des Raumes für den Einlagerungszweck handelt. Die in § 34a Nr. 1 der Betriebsordnung der Bremer Lagerhausgesellschaft verwendete Klausel, wonach die Bremer Lagerhausgesellschaft für Schäden irgendwelcher Art, insbesondere für Verluste oder Beschädigungen von Gütern, nur bei grobem Verschulden (Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit) ihrer Organe, leitenden Angestellten oder sonstigen Erfüllungsgehilfen haftet, hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG a.F. nicht stand. Ein Verkehrssicherungspflichtiger kann sich von der Haftung für Verstöße gegen grundlegende Verkehrssicherungspflichten – insbesondere gegenüber Gefahren für Leben und Gesundheit – durch Aufstellen eines Schildes ("Benutzung auf eigene Gefahr"/"Für Schäden wird nicht gehaftet"/"Eltern haften für ihre Kinder" u.Ä.) dem Grunde nach nicht befreien. Die rechtliche Bedeutung derartiger Hinweis- oder Warnschilder beschränkt sich regelmäßig darauf, nach den für das Handeln auf eigene Gefahr (dazu unten Rdn 35 ff., 39, 39 und 39 f.) geltenden Grundsätzen dem Verkehrssicherungspflichtigen den Einwand des Mitverschuldens (§ 254 BGB, dazu § 19) zu erleichtern. Von der Haftung für Konstruktions- und Planungsfehler kann der Hersteller sich nicht wirksam freizeichnen.
Rz. 23
Keine Freizeichnung ist weiter möglich für die Pflichten des Neuwagenverkäufers zur sorgfältigen Ausführung der Ablieferungsinspektion und des Heizöllieferanten zur sorgfältigen Durchführung und Überwachung des Öleinfüllens. Ein Haftungsausschluss kann auch mit Rücksicht auf den besonderen Vertragszweck unwirksam sein, wenn ein an sich möglicher Rücktritt praktisch schwer durchführbar wäre und der Vertragspartner daher durch die Freizeichnung im Ergebnis rechtlos gestellt würde. Hauptpflichten wie die des Verfrachters, die Güter an den legitimierten Konnossementsinhaber auszuliefern, sind nicht abdingbar. Das Gleiche gilt für die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit von Prospektangaben gegenüber Kapitalanlegern. Für schwerwiegende Organisationsmängel muss der Verwender ebenfalls unabdingbar einstehen.
Rz. 24
Eine AGB-Klausel, die die Haftung des Bewachungsunternehmers für Schäden des Auftraggebers ohne Differenzierung hinsichtlich des Personenkreises und des Verschuldensgrades summenmäßig begrenzt, ist auch im kaufmännischen Verkehr unwirksam. Eine Klausel in Ausschreibungsbedingungen eines Autoclubs für einen Fahrerlehrgang, wonach der Veranstalter gegenüber Teilnehmern keinerlei Haftung für Personen-, Sach- und Vermögensschäden übernimmt und die Teilnehmer (Fahrer, Helfer) unter Ausschluss des Rechtsweges durch Abgabe der Nennung für jeden im Zusammenhang mit der Veranstaltung erlittenen Unfall oder Schaden auf jedes Recht des Vorgehens oder Rückgriffs unter anderem gegen den Veranstalter sowie gegen Fahrer und Halter von Fahrzeugen, die an der Veranstaltung teilnehmen, verzichten, verstößt gegen § 9 AGBG a.F./§ 307 BGB und ist unwirksam. Diese Unwirksamkeit der Klausel kann ein Teilnehmer nicht nur gegenüber dem Veranstalter, sondern auch gegenüber dem Halter und der Haftpflichtversicherung des von dem anderen Teilnehmer benutzten Kraftfahrzeuges geltend machen.
Rz. 25
Zu unterscheiden von der Haftungsfreistellung, die der Verwender von AGB zur eigenen Entlastung zum Vertragsgegenstand machen möchte, ist die Haftungsfreistellung in (Kfz-) Mietverträgen. Nach ihr soll der Mieter gegen Zahlung eines Entgeltes dem Vermieter gegenüber für Schäden am Mietfahrzeug nur beschränkt haften: Grundsätzlich soll der Mieter freigestellt sein, nicht allerdings bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Beschädigungen.
Rz. 26
Bei Kraftfahrzeug-Mietverträgen ist eine Haftungsbefreiung nach dem Leitbild der Kaskoversicherung auszugestalten. Denn dem Fahrzeugmieter geht es bei der Vereinbarung einer Haftungsreduzierung erkennbar um eine wirksame Verbesserung seiner Rechtsstellung. Er darf daher davon ausgehen, dass ihm bei Zahlung eines zusätzlichen Entgelts ein Schutz wie bei einer Kaskoversicherung zugutekommt, das heißt ein Schutz gegenüber allen mit der Teilnahme am Straßenverkehr normalerweise verbundenen Risiken, soweit sie nicht in vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten begründet sind.
Rz. 27
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze werden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen formulierte Bestimmungen, wonach für bestimmte Unfallgeschehen und/oder Schäden eine vereinbarte Haftungsreduzierung auch bei einfacher Fahrlässigkeit wieder entfällt, in der Regel als unwirksam angesehen, da dies nicht den berechtigten Erwartungen des Vertragspartners entspricht und daher unangemessen und treuwidrig ist. Denn ein Mieter darf in diesen Fällen von einer umfassenden...