Rz. 31
Eine wesentliche Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist bei Warenlieferungen im Inland die Geltung des Eigentumsvorbehalts (§ 2 Nr. 4 AVB WKV). Eine derartige Klausel ist keine "verhüllte Obliegenheit", sondern eine zulässige Risikobeschränkung.
Rz. 32
Grundsätzlich wird für deutsche Abnehmer der einfache, erweiterte und verlängerte Eigentumsvorbehalt vorausgesetzt und als Klausel in den Versicherungsvertrag aufgenommen. Sie sollen im Insolvenzfall die Sicherheitenposition der Lieferanten stärken und Rückflüsse ermöglichen. Dies ist weitgehend branchenüblich.
Rz. 33
Bei Lieferungen ins Ausland verzichten die Kreditversicherer auf die Geltung und Durchsetzbarkeit von Eigentumsvorbehaltsrechten, soweit es im Ausland keine umfassenden Eigentumsvorbehaltsrechte gibt oder sie nur mit besonderen Voraussetzungen (z.B. Eintragung in ein Register) erreicht werden können.
Rz. 34
Liefern ausländische Versicherungsnehmer nach Deutschland, gelten ab Grenzübergang deutsche Eigentumsvorbehaltsrechte (lex rei sitae), soweit dies vereinbart worden ist.
Rz. 35
Der Versicherungsnehmer sollte darauf achten, materiell-rechtlich ordnungsgemäße Klauseln in seine vertraglichen Vereinbarungen aufzunehmen, d.h. grundsätzlich den einfachen, erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehalt in seinen Verkaufsbedingungen festzuschreiben.
Rz. 36
Empfehlenswert ist es, sodann schriftliche (formellrechtliche) Sondervereinbarungen mit seinen Kunden zu treffen, um insbesondere im Streit- und/oder Schadenfall nachprüfbare Nachweise vorlegen zu können.
Rz. 37
In der Praxis erbitten die Versicherungsnehmer vom Versicherer oftmals die Überprüfung der Verkaufsbedingungen, insbesondere die der Eigentumsvorbehaltsklauseln, ob sie "den Anforderungen der Kreditversicherung entsprechen".
Rz. 38
Die Verpflichtung einer gutachterlichen Überprüfung des Kreditversicherers ist nicht abschließend geklärt. Grundsätzlich verweisen die Versicherer die Versicherungsnehmer an fachkundige Rechtsanwälte und/oder helfen mit Merkblättern zum Eigentumsvorbehalt, die Hinweise zu den materiell- und formellrechtlichen Voraussetzungen für die Geltung von Eigentumsvorbehaltsrechten beinhalten.
Rz. 39
Sondervereinbarungen sind insbesondere bei Einkaufsbedingungen mit Abwehrklauseln erforderlich, die Kunden den Lieferanten entgegensetzen. Soweit keine Einigung über die Geltung von Eigentumsvorbehaltsklauseln zustande kommt oder dieses Problem bewusst oder unbewusst nicht besprochen bzw. nicht gelöst wird, liegt ein Dissens vor. Allenfalls gilt der einfache Eigentumsvorbehalt als vereinbart, für den eine zumindest stillschweigende Übereinstimmung der Parteien anzunehmen ist. Daneben bedarf es einer ausdrücklichen bilateralen Vereinbarung der Parteien über die Gültigkeit des verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehaltes.
Rz. 40
Gilt der verlängerte und erweiterte Eigentumsvorbehalt aufgrund der Abwehrklausel nicht, kann sich der Käufer auch nicht auf die Ermächtigung zum Weiterverkauf in den Lieferbedingungen des Verkäufers berufen.
Rz. 41
Sofern der Versicherungsnehmer und sein Kunde keine schriftliche Sondervereinbarung getroffen haben, besteht Versicherungsschutz praktisch nur dann, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherer den Dissens mitgeteilt und der Versicherer dem Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz auch für diesen Fall schriftlich bestätigt hat (vgl. § 16 Nr. 1 AVB).
Rz. 42
Versicherer und Versicherungsnehmer können Sonderklauseln vereinbaren, wenn die Vereinbarung von Eigentumsvorbehaltsrechten für den Versicherungsnehmer einen unverhältnismäßig hohen Aufwand mit sich bringen würde. Dies kann insbesondere für Kleinkunden im Rahmen der unbenannten Versicherung (Pauschaldeckung) der Fall sein. Dabei kann eine Bemühensklausel die richtige Lösung sein. Das "Bemühen" sollte genau definiert werden, damit der Versicherungsnehmer genaue Vorgaben hat. Außerdem können bei der Schadenabrechnung diesbezügliche Unklarheiten vermieden werden. Aus Sicht des Versicherungsnehmers gilt es jedoch zu beachten, dass etwaige Vorgaben des Versicherers in einer konkreten Kreditlimitentscheidung, insbesondere die Vereinbarung umfassender Eigentumsvorbehaltsrechte als Voraussetzung für die Übernahme des Deckungsschutzes, stets Vorrang gegenüber den Vereinbarungen in der Police haben.
Rz. 43
Denkbar ist auch, dass der Versicherer – praktisch in Vertretung des Versicherungsnehmers – mit dem jeweiligen Kunden eine gesonderte Eigentumsvorbehaltsvereinbarung trifft (§ 8 Nr. 4 AVB). Durch eine solche Rahmenvereinbarung anerkennt der jeweilige Kunde – ggf. in Abänderung entgegenstehender Einkaufsbedingungen und Verträge – ausdrücklich die einfachen, erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehaltsrechte zugunsten der gegenwärtigen und zukünftigen Versicherungsnehmer gemäß deren jeweiligen Verkaufsbedingungen. Allerdings muss der Versicherungsnehmer diese Verkaufsbedingungen an seinen Kunden versenden.
Rz. 44
Die Geltung umfassender Eigentumsvorbehaltsrech...