Rz. 168

Nach § 236 Abs. 2 S. 2 ZPO ist innerhalb der Widerspruchsfrist auch die versäumte Prozesshandlung vorzunehmen.

 

Rz. 169

Dies bedeutet, dass die versäumte Prozesshandlung mit dem Wiedereinsetzungsantrag verbunden, aber auch gesondert nachgeholt werden kann. Jedenfalls muss aber auch dies innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist erfolgen. Grundsätzlich genügt weder ein Fristverlängerungsantrag[257] noch ein Prozesskostenhilfegesuch.

 

Rz. 170

Ist eine Begründungsfrist versäumt worden und wird insoweit die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, muss innerhalb der einmonatigen Wiedereinsetzungsfrist nach § 234 Abs. 1 S. 2 ZPO auch die Begründung vorgelegt werden.[258]

 

Rz. 171

 

Achtung

Die Mediation gewinnt in gerichtlichen Verfahren eine immer größere Bedeutung. Nicht selten bittet der Mediator darum, dass während des Mediationsverfahrens das gerichtliche Verfahren nicht betrieben wird, insbesondere Rechtsmittel nicht begründet werden sollen. Dies ist gefährlich. Der BGH hat entschieden, dass das Mediationsverfahren die Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen nicht hemmt.[259]

 

Rz. 172

Nach der bisher überwiegenden Meinung genügt allein die Beantragung einer Verlängerung der Begründungspflicht nicht.[260] Dies hat der BGH nun auch für das neue Recht bestätigt. Unter der nachzuholenden Prozesshandlung i.S.v. § 236 Abs. 2 S. 2 ZPO ist bei Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist nicht ein Fristverlängerungsantrag, sondern ausschließlich die Rechtsmittelbegründung selbst zu verstehen.[261] Die abweichende Meinung[262] hat sich insoweit nicht durchsetzen können.

 

Rz. 173

Auch ein Prozesskostenhilfegesuch genügt in diesem Stadium ohne Nachholung der versäumten Prozesshandlung nicht.[263] Allerdings hat der BGH umgekehrt entschieden, dass die Berufungsbegründung auch dadurch erfolgen kann, dass auf andere Schriftsätze, z.B. solche im Prozesskostenhilfeverfahren, Bezug genommen wird, wenn diese von einem bei dem Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sind und inhaltlich den Anforderungen der Berufungsbegründung gerecht werden. Dafür ist nicht erforderlich, dass innerhalb der Begründungsfrist ausdrücklich auf solche Schriftsätze verwiesen wird, wenn sich eine entsprechende Bezugnahme aus den Begleitumständen und aus dem Zusammenhang ergibt.[264]

 

Rz. 174

Ist im Zeitpunkt des Wiedereinsetzungsantrags über die versäumte Prozesshandlung bereits abschließend entschieden, muss das Gericht gleichwohl über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entscheiden und nachfolgend über § 156 ZPO die mündliche Verhandlung wieder eröffnen, soweit diese im Verfahren erforderlich ist.

[257] BGH FamRZ 2006, 1754 ff.; NJW 1999, 3051; BGH VersR 1984, 761.
[258] Zur Problematik dieser Vorschrift siehe Goebel, Prozessrecht aktiv 2005, 37; Braunschneider, OLGR Koblenz, 2004, K 37 und MDR 2004, 1045; Born, NJW 2005, 2042, 2044.
[260] BGH NJW 1999, 3051; MDR 1995, 522; Ganter, NJW 1994, 164.
[261] BGH FamRZ 2006, 1754 = VersR 2006, 1706.
[262] So OLG Zweibrücken MDR 2003, 171 zur neuen Rechtslage; Vollkommer, EWiR 1999, 1085.
[263] BGH VersR 1984, 761; OLG Bamberg FamRZ 1996, 300; MüKo/ZPO-Feiber, § 236 Rn 18.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?