Rz. 21
Das technische System "Alkohol-Interlock", also die alkoholsensitive Wegfahrsperre, ist ein Atemalkoholkonzentrationsmessgerät, welches mit der Zündanlage des Fahrzeugs gekoppelt ist. Ziel des Alkohol-Interlocks ist es, Fahrten unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholeinfluss zu verhindern. Dazu muss ein Fahrer zunächst mit dem Messgerät seine Atemalkoholkonzentration bestimmen. Liegt diese über einem definierten Wert (z.B. 0,5 ‰), kann der Wagen nicht gestartet werden. Es gibt sogar Stimmen, die das Alkohol-Interlock-System daher als weniger eingriffsintensive Alternative zur MPU fordern.
1. Das Alkohol-Interlock aus fachlicher Sicht
Rz. 22
Um als gleichwertige Alternative angeboten werden zu können, muss dazu jedoch zunächst die Frage geklärt werden, ob eine solche Zündsperre eine MPU ersetzen kann.
Zur Annäherung an diese Frage aus verkehrspsychologischer Sicht wurde eine Reihe von Studien durchgeführt. In diesen wurden die Daten von alkoholauffälligen Fahrern, die zeitweise ein Alkohol-Interlock in ihrem Fahrzeug installiert hatten, ausgewertet. Dabei konnte u.a. festgestellt werden, dass die besten Prädiktoren (also Faktoren mit Vorhersagewert) für erneute Trunkenheitsfahrten nach dem Ausbau des Alkohol-Interlocks die Vorgeschichtsdaten eines Fahrers waren. Als weitere starke Prädiktoren haben sich die Atemalkoholkonzentrationen, die während des Einsatzes des Alkohol-Interlocks gemessen wurden, herausgestellt. Von besonderer Vorhersagekraft waren dabei die Gesamtzahl der positiven Atemalkoholkonzentrationstests und der Anteil der positiven Tests in den Morgenstunden. Fahrer, die eine hohe Gesamtzahl an positiven Tests und insbesondere einen hohen Anteil positiver Tests am Morgen hatten, wiesen in den Studien ein deutlich höheres Rückfallrisiko (nach Ausbau des Alkohol-Interlocks) auf.
Rz. 23
Die Erklärung dafür ist, dass während des Einsatzes des Alkohol-Interlocks Fahrten unter Alkohol entsprechend dem Bestimmungszweck verhindert werden. In der Folge sinkt die Rückfallquote. Die Daten der durchgeführten Studien belegen jedoch zweifelsfrei, dass es nicht an "Fahrversuchen" gemangelt hat. Das bedeutet, dass beim Fahrer eben nicht – wie von einigen postuliert – ein automatisches Umdenken einsetzt. Im Gegenteil: Es ist sogar zu befürchten, dass der Fahrer lernt, sich an die Grenze der Nachweisbarkeit heranzutrinken. Sobald das Gerät wieder ausgebaut wird, steigt die Rückfallquote wieder an. Das liegt daran, dass die Alkohol-Interlocks die Alkoholfahrt verhindern und somit den Mangel an der charakterlichen Eignung kompensieren, aber nicht die Fahreignung wiederherstellen können, da "sie keine therapeutische Maßnahme zur Verhaltensänderung darstellen". Das Gegenteil ist der Fall: Ein Fahrer, der lernt, dass das Gerät auf ihn und seine Fahrerlaubnis "aufpasst", indem es Alkoholfahrten ausschließt, verlässt sich allzu sehr und allzu gern auf diese Technik. Bei der Deinstallation des Interlocks fällt jedoch diese eine Kompensationsstrategie des Fahrers weg – das ursprüngliche Problem tritt wieder ungefiltert zum Vorschein.
Rz. 24
Als Fazit ist daher zu fordern, dass eine begleitende verkehrspsychologische Interventionsmaßnahme durchgeführt wird, damit es zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung bei Trunkenheitsfahrern kommen kann. Die Empfehlung kann daher nur lauten, eine Kombination aus Alkohol-Interlock und verkehrspsychologischer Interventionsmaßnahme zu verwenden. Die Wirksamkeit einer solchen Maßnahme zu prüfen, bliebe dennoch die Aufgabe einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung.
2. Ein Blick voraus
Rz. 25
Während es in einigen europäischen Ländern, wie Frankreich und Finnland, und den USA möglich ist, Alkohol-Interlocks unter bestimmten Voraussetzungen zu verwenden, fehlt in Deutschland derzeit die rechtlic...