Rz. 86
Der BGH hat mit Urteilen vom 21.1.1998 und 27.10.2004 sowie im Beschluss vom 30.9.2010 die Möglichkeit einer teilweisen oder vollständigen Auseinandersetzung des Nachlasses durch Abschichtung eines Miterben anerkannt (vgl. hierzu § 12 Rdn 423 ff.).
Rz. 87
Nach dem Vollzug des Abschichtungsvertrages erfolgt bezüglich der Nachlassgrundstücke eine Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO, weil der Anteil des ausscheidenden Erben den verbleibenden Miterben analog § 738 BGB angewachsen ist. Dies gilt auch dann, wenn nur noch ein Miterbe übrig bleibt und dieser kraft Anwachsung Alleineigentümer wird. Denn die aus zwei Miterben bestehende Erbengemeinschaft erlischt kraft Gesetzes durch Abschichtung eines der beiden Miterben. Der Nachlass wird Alleineigentum des verbleibenden Erben. Dabei handelt es sich um eine erbgangsgleiche Universalsukzession. Die Abschichtungsvereinbarung führt nicht zu einer rechtsgeschäftlichen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, sondern dazu, dass die Erbengemeinschaft kraft Gesetzes erlischt. Befindet sich ein Grundstück im Nachlass, so ist das Grundbuch damit unrichtig geworden.
Die Unrichtigkeit des Grundbuchs (§ 22 GBO) muss entweder in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden, oder es bedarf der beglaubigten Berichtigungsbewilligung des ausscheidenden Erben (§§ 22, 19 GBO) und des lediglich schriftlichen Antrags der verbleibenden Miterben, § 13 GBO.
Für den grundbuchmäßigen Vollzug bedarf es dreier grundbuchverfahrensrechtlicher Erklärungen:
Rz. 88
Formulierungsbeispiel: Grundbuchberichtigungsbewilligung und -antrag nach Abschichtung eines Miterben
An das
Amtsgericht
– Grundbuchamt –
(…)
Grundbuch von (…) Blatt (…) hier: Grundbuchberichtigung
Im Grundbuch des Amtsgerichts (…) für (…) sind wir, die Unterzeichneten
in Erbengemeinschaft als Miteigentümer des Grundstücks Gearkung (…), Flur (…), Flst. Nr. (…) BV Nr. (…) eingetragen.
Durch Abschichtungsvertrag vom (…) wurde der Miterbe A um seine Ansprüche an den Nachlass des am (…) gestorbenen (…) abgefunden.
Damit ist nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 21.1.1998 – IV ZR 346/96, BGHZ 138, 8 = NJW 1998, 1557; BGH, Urteil vom 27.10.2004 – IV ZR 174/03, NJW 2005, 284 = MDR 2005, 338) der Erbteil des A den verbleibenden Miterben B und C analog § 738 BGB angewachsen, so dass nur sie beide noch der Erbengemeinschaft angehören.
Dementsprechend ist das Grundbuch unrichtig geworden.
Wir bewilligen, B und C beantragen hiermit die Eintragung von B und C als Miteigentümer des bezeichneten Grundstücks in Erbengemeinschaft nach dem am (…) verstorbenen Erblasser (…) im Grundbuch und das Ausscheiden des A aus der Erbengemeinschaft im Wege der Grundbuchberichtigung. Sie stimmen einer solchen Berichtigung auch zu.
Der Grundstückswert wird mit (…) EUR angegeben.
Die Kosten des Grundbuchvollzugs tragen B und C.
(…) Ort, Datum
(Unterschrift A)
(Unterschrift B)
(Unterschrift C)
(notarielle Unterschriftsbeglaubigung, § 29 GBO)
Rz. 89
Vertritt der Rechtsanwalt den die Berichtigung Bewilligenden, so muss seine Vollmacht nach § 29 GBO notariell beglaubigt sein. Vertritt er lediglich den Antragsteller, so ist der Antrag selbst formlos nach § 13 GBO möglich, die Vollmacht bedarf nach § 30 GBO lediglich der Schriftform.
Rz. 90
Nach Ansicht des OLG Zweibrücken ist nur die Berichtigungsbewilligung des abgeschichteten, also ausscheidenden Miterben erforderlich, nicht auch die der verbleibenden Miterben. In der Vorauflage dieses Werkes wurde diese Auffassung noch als kritisch beurteilt (5. Auflage 2014, § 21 Rn 171).
Rz. 91
Gerichtsgebührenfreiheit bei Berichtigung des Grundbuchs innerhalb von zwei Jahren:
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.6.2012:
Zitat
"Nach einer Abschichtungsvereinbarung ist Rechtsgrund des Eigentumserwerbs eine Erbschaft (§ 1922 BGB). Die Eintragung des Erben im Grundbuch ist deshalb unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 4 KostO gebührenfrei."
Hier geht es um die Gebührenfreiheit bei Berichtigung des Grundbuchs innerhalb von zwei Jahren seit dem Erbfall. Dies gilt jedoch nur, wenn im Grundbuch noch der Erblasser als Eigentümer eingetragen war. Ob der Tatbestand der Gebührenfreiheit auch dann erfüllt ist, wenn vor der Abschichtung eine Grundbuchberichtigung auf die Erben stattgefunden hat, ist nach wie vor offen – u.E. ist dann die Berichtigung nicht gebührenfrei.