Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 765
Das ArbnErfG sieht in § 27 ArbnErfG eine Sonderregelung für die Behandlung von Arbeitnehmererfindungen bei Insolvenz des Arbeitgebers vor. Die Vorschrift ist durch das Patentrechtsmodernisierungsgesetz zum 1.10.2009 grundlegend reformiert worden.
Rz. 766
Vom sachlichen Geltungsbereich der Vorschrift werden lediglich Diensterfindungen erfasst, die vom insolvent gewordenen Arbeitgeber unbeschränkt in Anspruch genommen worden sind, nicht jedoch Vergütungsansprüche aus der lediglich beschränkten Inanspruchnahme einer Diensterfindung i.S.d. §§ 7 Abs. 2, 10 ArbnErfG oder aus der Verwertung eines technischen Verbesserungsvorschlages.
Rz. 767
Das ArbnErfG trifft in § 27 ArbnErfG eine Art "katalogmäßige" Regelung dergestalt, dass verschiedene Tatbestände mit entsprechenden insolvenzrechtlichen Auswirkungen aufgeführt werden, welche sich in erster Linie danach unterscheiden, ob der Insolvenzverwalter die Diensterfindung an einen Dritten veräußert oder diese im Schuldnerunternehmen verwertet. Der Insolvenzverwalter hat ein Wahlrecht: Er kann entweder die Diensterfindung mit dem Geschäftsbetrieb veräußern (§ 27 Nr. 1 ArbnErfG) oder die Erfindung im Unternehmen des Schuldners verwerten und hat dann insoweit eine angemessene Vergütung aus der Insolvenzmasse zu zahlen (§ 27 Nr. 2 ArbnErfG). Alternativ kann der Insolvenzverwalter dem Arbeitnehmererfinder die Diensterfindung zur Übernahme anbieten. Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot nicht an, kann der Insolvenzverwalter die Erfindung ohne den Geschäftsbetrieb veräußern (§ 27 Nr. 3 ArbnErfG). Das zuvor in § 27 Nr. 2 ArbnErfG a.F. vorgesehene Vorkaufsrecht des Arbeitnehmers gibt es nicht mehr.
Rz. 768
Veräußert der Insolvenzverwalter die Diensterfindung mit dem Geschäftsbetrieb, stellt § 27 Nr. 1 ArbnErfG klar, dass der Betriebserwerber für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an in die Vergütungspflicht des Arbeitgebers nach § 9 ArbnErfG eintritt, was bei einem rechtsgeschäftlichen Betriebsinhaberwechsel (Betriebsübergang) nach § 613a BGB sowieso für den gesamten Rechte- und Pflichtenbestand des mangels Widerspruchs des Arbeitnehmers übergegangenen Arbeitsverhältnisses der Fall ist.
Rz. 769
Die Sondervorschrift des § 27 Nr. 1 ArbnErfG verdrängt im Insolvenzfall § 613a BGB.
Rz. 770
Die Vergütungspflicht für Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters im Schuldnerunternehmen ist durch § 27 Nr. 3 ArbnErfG gesetzlich normiert. Im Verwertungsfall hat der Insolvenzverwalter dem Arbeitnehmer eine angemessene Vergütung für die Verwertung aus der Insolvenzmasse zu zahlen, wobei hier bzgl. des Volumens der Vergütung wiederum der allgemeine Vergütungsmaßstab des § 9 ArbnErfG zum Zuge kommt.
Rz. 771
Will hingegen der Insolvenzverwalter die Diensterfindung weder im Schuldnerunternehmen verwerten noch mit dem Geschäftsbetrieb an Dritte veräußern, hat er nach § 27 Nr. 3 ArbnErfG dem Arbeitnehmer die Diensterfindung sowie darauf bezogene Schutzrechtspositionen spätestens nach Ablauf eines Jahres nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens anzubieten. Nimmt der Arbeitnehmererfinder das Angebot nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang an, kann der Insolvenzverwalter die Erfindung abweichend von § 27 Nr. 1 ArbnErfG auch ohne den Geschäftsbetrieb veräußern. Hinsichtlich der weiteren Vergütung des Arbeitnehmererfinders bietet § 27 Nr. 3 ArbnErfG zwei Alternativen: Der Insolvenzverwalter kann entweder mit dem Erwerber vereinbaren, dass dieser in die Vergütungspflicht des Arbeitgebers nach § 9 ArbnErfG eintritt, oder dem Arbeitnehmer die Vergütung aus dem Verkaufserlös zahlen.
Rz. 772
Soweit kein Tatbestand des § 27 Nr. 1 bis 3 ArbnErfG gegeben ist, kann der Arbeitnehmererfinder seine Vergütungsansprüche nach § 27 Nr. 4 ArbnErfG seine Vergütungsansprüche, also insb. diejenigen für Nutzungs- und Verwertungshandlungen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, lediglich als Insolvenzgläubiger geltend machen.