Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 406
Die Ermächtigungsnorm des § 7 Abs. 2a ArbZG wird hinsichtlich der Bereitschaftsdienste durch die Tarifverträge ausgestaltet. § 9 TVöD-AT orientiert sich an der EuGH-Rspr., nach der Bereitschaftszeiten die Zeiten sind, in denen sich die Beschäftigten am Arbeitsplatz oder einer anderen von Arbeitgeber bestimmten Stelle zur Verfügung halten, um im Bedarfsfall die Arbeit selbstständig ggf. auf Anordnung aufzunehmen und in denen die Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen. Die Bereitschaftszeiten werden zur Hälfte als tarifliche Arbeitszeit faktorisiert.
Rz. 407
Der Marburger Bund schloss 2007 eigenständige Tarifverträge für Ärzte ab, die den BAT auch dann ersetzen, wenn der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist (LAG Rostock v. 22.7.2008 – 1 Sa 257/07, n.v., anhängig beim BAG 4 AZR 684/08).
Rz. 408
Nach Nr. 8 Abs. 7 der SR 2c zum BAT ist das wöchentlich zweimalige Heranziehen eines angestellten Krankenhausarztes zum Bereitschaftsdienst zulässig. Diese Tarifnorm überschreitet nicht die Regelungsmöglichkeiten der Tarifparteien nach dem allgemeinen staatlichen Gesetzesrecht. Sie verstößt nicht gegen Art. 1 Abs. 1, 2, 3 und Art. 6 GG. Je nach den Umständen kann jedoch im Einzelfall die tarifgemäße Heranziehung eines Krankenhausarztes zum Bereitschaftsdienst gegen die Fürsorgepflicht verstoßen (BAG v. 26.11.1980, NJW 1981, 1331 = RdA 1981, 59 = ArbuR 1981, 27). Eine Tarifnorm, die dem Arbeitnehmer ein die allgemeine menschliche Leistungsfähigkeit und die Zumutbarkeit überschreitendes Arbeitspensum abverlangt, kann wegen Verstoßes gegen den Rechtsgedanken des § 306 BGB und die Menschenwürde unwirksam sein. I.Ü. sind die tariflichen Bestimmungen gültig. Damit ist auch die zweimalige wöchentliche Heranziehung eines angestellten Krankenhausarztes zum Bereitschaftsdienst zulässig (vgl. BAG v. 24.2.1982, VersR 1982, 887).
Rz. 409
Dies trifft für die die Arbeitszeit und den täglichen Bereitschaftsdienst regelnden Bestimmungen der SR 2c zum BAT insoweit zu, als danach ein angestellter Arzt auch dann wieder zum allgemeinen Tagesdienst im Krankenhaus heranzuziehen ist, wenn ihm nach einem an den Tagesdienst anschließenden werktäglichen Bereitschaftsdienst in der Zeit zwischen 21 Uhr und dem Beginn der nachfolgenden allgemeinen Tagesarbeitszeit keine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens sechs Stunden zur Verfügung stand. In diesen Fällen ist der angestellte Arzt vom nachfolgenden allgemeinen Tagesdienst freizustellen (BAG v. 24.2.1984, BB 1982, 1236 = DB 1982, 1523).
Rz. 410
Ein Freizeitausgleich kann nicht an solchen Tagen erfolgen, an denen der Arzt ohnehin nicht zur Arbeit verpflichtet ist. An diesen Tagen ist es dem Arbeitgeber unmöglich, Dienstbefreiung zu erteilen (BAG v. 12.12.1990, BB 1991, 771 = DB 1991, 1627).
Rz. 411
§ 8.1 TVöD-K lässt eine einzelvertragliche Vereinbarung über den Ausgleich von geleistetem Bereitschaftsdienst durch Freizeit zu (LAG Stuttgart v. 23.6.2008, LNR 2008, 19465). Der Arbeitgeber hat ein Wahlrecht, ob er den Bereitschaftsdienst vergütet oder durch Freizeit ausgleicht. Wählt der Arbeitgeber den Freizeitausgleich, stehen dem Arbeitnehmer keine Zeitzuschläge gem. § 35 Abs. 1 S. 2a BAT zu (BAG v. 19.9.1991, LNR 1991, 17685).
Das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ist nicht nur für Vollarbeit, sondern auch für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu zahlen (BAG v. 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12). Während der Bereitschaft muss sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, um im Bedarfsfalle unverzüglich die Arbeit aufzunehmen. Es sei aber möglich, dafür ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit zu bestimmen.