Rz. 929

Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, ist er zunächst dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass der Arbeitnehmer eine Pflichtverletzung begangen hat, die zu einem Schaden geführt hat.

 

Rz. 930

Darüber hinaus muss der Arbeitgeber auch beweisen, dass der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Dies schreibt der durch das SchuModG eingeführte § 619a BGB in Abweichung von der allgemeinen Beweislastregel des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vor (BAG v. 21.5.2015, NZA 2015, 1517). Der Gesetzgeber hat damit die Rspr. des BAG übernommen. In seiner grundlegenden Entscheidung (BAG v. 17.9.1998, NZA 1999, 141 = DB 1998, 2610), mit der das Gericht von seiner früheren Rspr. abgerückt ist (vgl. BAG v. 28.7.1972, BB 1972, 1371 = DB 1972, 2165), hat das BAG zu § 280 BGB a.F. die Auffassung vertreten, dass diese Vorschrift i.R.d. Arbeitnehmerhaftung nicht angewendet werden darf, weil die Einschränkung der Arbeitnehmerhaftung gerade auf der Überlegung beruhe, dass der Arbeitgeber wegen seiner Organisationsmöglichkeiten ein erhöhtes Risiko trägt. Dem widerspräche es, so das BAG (v. 17.9.1998, NZA 1999, 141 = DB 1998, 2610), wenn man über die Anwendung der Beweislastregel des § 282 a.F. BGB einen Teil des Risikos wieder zurück auf den Arbeitnehmer verschieben würde. Aufgrund einer gestuften Darlegungslast ist der Arbeitnehmer allerdings i.d.R. gehalten, zu den schadensverursachenden Umständen substantiiert vorzutragen, wenn er über die konkreten Umstände informiert ist.

 

Rz. 931

Beim Nachweis des Verschuldens können die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins eingreifen. So hat das BAG angenommen, dass bei dem Abkommen eines Sattelschleppers von einer guten Straße bei normalen Sichtverhältnissen auch bei gefahrgeneigter Arbeit davon auszugehen sei, dass der Fahrer mit mindestens normaler Fahrlässigkeit gehandelt hat (BAG v. 30.8.1966, BB 1967, 35 = DB 1967, 45). Später hat das BAG entschieden, dass die Regeln des Anscheinsbeweises für die Abgrenzung der normalen zur groben Fahrlässigkeit nicht geeignet seien (BAG v. 20.3.1973, BB 1973, 1396 = DB 1973, 1405).

 

Rz. 932

Für die Darlegungs- und Beweislast bei Schlechtleistung in Akkordgruppen legt das BAG (v. 24.4.1974, BB 1974, 1208 = DB 1974, 1820) Folgendes zugrunde:

Zunächst muss der geschädigte Arbeitgeber nachweisen, dass sein Schaden durch vertragswidrige Schlechtleistung der Gruppe verursacht worden ist.
Hat der Arbeitgeber diesen Beweis erbracht, ist es Sache der einzelnen Gruppenmitglieder, sich zu entlasten, indem sie darlegen und beweisen, dass sie selbst einwandfreie Arbeit geleistet und auch nicht durch Verletzung vertraglicher Nebenpflichten den Schaden mitverursacht haben.
Auch für die Verschuldensfrage gilt, dass das einzelne Gruppenmitglied sich entlasten muss, sofern die vertragswidrige Schlechtleistung der Gruppe feststeht.

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