Rz. 34
Von den Beschränkungen des § 181 BGB kann der Vertretene den Vertreter befreien. Im Gesellschaftsrecht muss diese Befreiung, wenn sie ggü. den geschäftsführenden Organen erfolgt, durch das dafür zuständige Gesellschaftsorgan ausgesprochen werden. Bei der AG ist dies ggü. dem Vorstand der Aufsichtsrat (in den Grenzen des § 112 AktG), bei der GmbH oder Personengesellschaften ggü. der Geschäftsführung bzw. den geschäftsführenden Gesellschaftern grds. die Gesellschafterversammlung, es sei denn, es handelt sich um eine mitbestimmte GmbH. Folgende Besonderheiten sind zu beachten:
a) Befreiung innerhalb einer GmbH
Rz. 35
Bei der GmbH ist § 181 BGB über § 35 Abs. 3 GmbHG auf Erklärungen der Geschäftsführer anzuwenden. Bei der mehrgliedrigen GmbH ist streitig, ob die Gesellschafterversammlung auch ohne Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag den Geschäftsführer generell von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien kann. Nach der Rspr. ist eine Gestattung durch das Bestellungsorgan nur zulässig, soweit dafür eine Grundlage im Gesellschaftsvertrag besteht. Daher ist die Praxis unter Vorsichtsgesichtspunkten gut beraten, generelle Befreiungen von § 181 BGB im Wege einer Änderung des Gesellschaftsvertrages vorzunehmen oder jedenfalls die entsprechende Ermächtigung zur Befreiung durch Gesellschafterbeschluss im Gesellschaftsvertrag zu verankern. Bei der Einpersonen-GmbH ist unstreitig eine Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag erforderlich, ein bloßer Gesellschafterbeschluss ohne derartige Ermächtigung genügt nicht. "Einpersonen-GmbH" im Sinne dieser Regelung ist nicht nur die GmbH, deren alleiniger Gesellschafter eine natürliche Person ist. Auch Konzerngesellschaften, deren Anteile von nur einer anderen Konzerngesellschaft (gleich welcher Rechtsform) gehalten werden, müssen eine Ermächtigung zur Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB im Gesellschaftsvertrag aufweisen, wenn die Befreiung wirksam erteilt werden soll. Darauf sollte zweckmäßigerweise bereits bei Abfassung des Gesellschaftsvertrages geachtet werden. Gleiches gilt entsprechend für die Satzung einer AG.
Hinweis
Ist im Gesellschaftsvertrag die Ermächtigung zur Befreiung nicht enthalten, müsste der Gesellschaftsvertrag zunächst geändert werden, wenn dem Geschäftsführer Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden soll. Die Änderung wird erst mit Eintragung im Handelsregister wirksam (§ 54 Abs. 3 GmbHG). Eine kurzfristige Befreiung kommt dann im Regelfall nicht in Betracht. Zeitkritische Maßnahmen können u.U. nicht rechtzeitig durchgeführt werden. In der kautelarjuristischen Praxis werden deshalb Ermächtigungsklauseln zur Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB von vornherein in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen, um im Ernstfall kurzfristig handlungsfähig zu sein. Die Befreiung selbst kann dann durch einen Gesellschafterbeschluss jederzeit wirksam herbeigeführt werden, ohne dass es der Mitwirkung des Registergerichts bedarf.
b) Befreiung innerhalb eines Konzerns
Rz. 36
Eine Sonderthematik ergibt sich bei Befreiungen von den Beschränkungen des § 181 BGB im Konzern. Beschließt der Geschäftsführer einer Tochter-GmbH in der Gesellschafterversammlung der Enkel-GmbH die Befreiung der Geschäftsführung der Enkel-GmbH von den Beschränkungen des § 181 BGB, muss der Geschäftsführer der Tochter-GmbH selbst ebenfalls wirksam von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sein. Anderenfalls würde er weiter gehende Rechte "weitergeben", als er selbst hat (nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet). Handelt es sich bei der Konzernobergesellschaft um eine AG, wird eine Befreiung der Vorstandsmitglieder vom Verbot der Mehrvertretung in den seltensten Fällen vorliegen. In diesen Fällen müssen Insichgeschäfte oder Mehrvertretungen vermieden werden. Denn es ist nicht auszuschließen, dass eine Befreiung auf den nachgeordneten Konzernebenen nicht wirksam erteilt werden konnte, weil die "Konzernspitze" selbst den Beschränkungen des § 181 BGB unterlag.
c) Anmeldung zum Handelsregister und Eintragung
Rz. 37
Die generelle Gestattung des Selbstkontrahierens im Gesellschaftsvertrag ist zum Handelsregister anzumelden und einzutragen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich jeder Geschäftspartner durch Einsichtnahme in das Handelsregister Kenntnis über die Befugnis der mit der Vertretung betrauten Personen verschaffen kann. Die Befreiung eines Geschäftsführers durch Gesellschafterbeschluss aufgrund der Satzungsermächtigung ist gleichfalls eine eintragungspflichtige Tatsache, wenn sie unbeschränkt erfolgt. Ist die Befreiung dagegen auf bestimmte Gesellschaften oder auf einzelne Geschäfte beschränkt (was materiell-rechtlich durchaus möglich ist), bestehen Zweifel an der Eintragungsfähigkeit, weil die Reichweite der Befreiung aus dem Register nicht ersichtlich wäre. Dies gi...