Rz. 16
In der Praxis erleichtern sog. Bezugsurkunden die Beurkundung größerer Vertragswerke erheblich. Bei einer Bezugsurkunde werden technische Regelungen eines Vertrages wie z.B. Inventarlisten, Bilanzen, Vertragsmuster und technische Beschreibungen vorab durch (vollmachtslose) Vertreter beurkundet. Anschließend wird der eigentliche Hauptvertrag (mit den Beteiligten selbst) beurkundet und die Bezugsurkunde durch eine bloße Verweisung in die Haupturkunde einbezogen. Zugleich werden die Erklärungen der Bezugsurkunde genehmigt. Die Bezugsurkunde braucht in der Beurkundung des Hauptvertrages nicht erneut verlesen und beigefügt zu werden. Die Beurkundung des Hauptvertrages kann so von technischen Regelungen entlastet und eine Konzentration auf den eigentlichen Vertragskern erreicht werden.
Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Bezugsurkunde ist § 13a BeurkG. Nach § 13a BeurkG kann eine vorangehende notarielle Urkunde durch bloße Verweisung zum Gegenstand der nachfolgenden Urkunde gemacht werden, ohne dass die vorangehende Urkunde bei der Beurkundung der nachfolgenden Urkunde erneut verlesen werden muss. Die Bezugsurkunde muss bei der Beurkundung der Haupturkunde allerdings im Original oder in beglaubigter Abschrift vorliegen. Hauptanwendungsfall im Gesellschaftsrecht sind Unternehmenskaufverträge oder Umstrukturierungen, bei denen Anlagen mit technischen Details zu den Hauptverträgen vorab durch Vertreter beurkundet werden.
§ 13a BeurkG ermöglicht i.Ü., auf vorangehende notarielle Urkunden Bezug zu nehmen, ohne die Vorurkunde nochmals verlesen zu müssen. Wird bspw. ein notariell beurkundeter Vertrag später geändert, genügt die Bezugnahme auf die frühere notarielle Urkunde, um diese in die Änderungsurkunde einzubeziehen.
Rz. 17
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Muster 22.1: Verweisung auf andere notarielle Niederschrift
Die vorgenannte notarielle Urkunde, auf die hiermit verwiesen wird, hat bei der Beurkundung in beglaubigter Abschrift vorgelegen. Ihr Inhalt ist den Erschienenen bekannt, auf eine Verlesung und Beifügung wird allseits verzichtet.
(Anm.: Es folgt ggf. noch die Genehmigung der Erklärungen in der Bezugsurkunde durch die Vertragsparteien der Haupturkunde.)
Rz. 18
Voraussetzung für eine wirksame Verweisung nach § 13a BeurkG ist die Bezugnahme auf eine notarielle Niederschrift, die nach den Vorschriften für die Beurkundung von Willenserklärungen (§§ 8 ff. BeurkG) errichtet worden ist. Die Bezugsurkunde muss so genau bezeichnet werden, dass sie zumindest durch Auslegung bestimmbar ist. Zweckmäßigerweise geschieht dies durch Angabe des Urkundendatums, des beurkundenden Notars und der Urkundenrollen-Nummer. Nicht erforderlich ist, dass an der Bezugsurkunde dieselben Vertragsparteien beteiligt sind wie an der Haupturkunde.
Rz. 19
Die Frage, ob dem Erfordernis der notariellen Niederschrift auch Urkunden eines ausländischen Notars genügen, wurde bislang – soweit ersichtlich – von der Rspr. nicht entschieden. Nach Auffassungen im notariellen Schrifttum sollen Urkunden ausländischer Notare nicht Gegenstand einer Verweisung nach § 13a BeurkG sein können. Dies soll auch dann gelten, wenn die ausländische Beurkundung selbst der deutschen Beurkundung gleichwertig ist. Zur Begründung wird angeführt, § 13a BeurkG sei eine gesetzliche Verfahrensregelung, an die der ausländische Notar nicht gebunden sei. Die ausländische Urkunde erfülle deshalb nicht das verfahrensrechtliche Erfordernis einer "notariellen Niederschrift" i.S.v. § 13a BeurkG.
Diese Auffassung erscheint interessengeprägt und nicht recht verständlich. Entscheidend ist nicht, dass der ausländische Notar nicht an das deutsche BeurkG gebunden ist. Mit dieser Begründung könnte die Wirksamkeit der Auslandsbeurkundung in jedem Fall in Zweifel gezogen werden, weil naturgemäß kein ausländischer Notar dem deutschen BeurkG unterliegt. Maßgebend ist vielmehr, ob auch die ausländische Bezugsurkunde nach Sinn und Zweck von § 13a BeurkG geeignet ist, ohne erneute Verlesung zum Inhalt einer deutschen Haupturkunde zu werden. § 13a BeurkG will Verfahrenserschwernisse vermeiden, wenn die Bezugsurkunde als notarielle Urkunde, also durch Verlesen, Genehmigen und Unterschreiben, errichtet wurde. Darauf, ob dies im In- oder Ausland geschah, kommt es für den Zweck der Norm nicht an. Maßgeblich für die Anwendung der Vorschrift ist allein, ob es sich bei der ausländischen Urkunde um eine solche handelt, die in einer den deutschen Vorschriften über die Beurkundung von Willenserklärungen vergleichbaren Form errichtet wurde. Ist dies der Fall, besteht kein Unterschied zu einer inländischen Bezugsurkunde. Wenn bereits die ausländische Beurkundung selbst im Inland in vollem Umfang anzuerkennen ist (zur Möglichkeit der Auslandsbeurkundung s. eingehend die Ausführungen unter Rdn 88 ff.), muss dies im Wege des Erst Recht-Schlusses auch für die bloße Bezugnahme auf eine solche ausländische Urkunde gelten (argumentum a maiore ad minus).
Rz. 20
Für eine Verweisung nach § 13a Beur...