A. Einführung
Rz. 1
Das Gesellschaftsrecht ist ein guter Freund der Beurkundungspraxis. Zahlreiche gesellschaftsrechtliche Regelungen bedürfen in Deutschland zu ihrer Wirksamkeit der Beurkundung oder Beglaubigung und damit der Mitwirkung eines Notars. Gesellschaftsrechtliche Regelungen müssen daher stets auch mit Blick auf bestehende Beurkundungserfordernisse geplant werden, angefangen bei der Reichweite des Formerfordernisses über Formalien wie die Verlesung von Anlagen zur Urkunde bis hin zu Kostenfragen.
Rz. 2
Die Mitwirkung eines öffentlichen Amtsträgers ist im internationalen Vergleich keineswegs selbstverständlich. Der angelsächsische Rechtskreis kommt weitgehend ohne notarielle Beurkundung zurecht. So bedürfen bspw. der Verkauf und die Übertragung von Anteilen einer englischen oder US-amerikanischen Kapitalgesellschaft nicht der Beurkundung oder einer vergleichbaren Form, und zwar selbst dann nicht, wenn dabei Milliardenvermögen bewegt werden. Die meisten kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen orientieren sich dagegen am Vorbild des lateinischen Notariats, das traditionell die Mitwirkung eines öffentlichen Amtsträgers bei bestimmten Rechtsgeschäften erfordert.
Rz. 3
Die Nichtbeachtung des Formerfordernisses zieht im deutschen Recht gravierende Konsequenzen nach sich: Wird ein Rechtsgeschäft, für das die notarielle Form vorgeschrieben ist, ohne Beachtung dieser Form abgeschlossen, ist es nichtig (§ 125 BGB). Die Vertragsparteien wie auch Dritte (z.B. die Finanzbehörden) können sich noch nach Jahren auf diese Nichtigkeit berufen. Bei börsennotierten Gesellschaften können nichtige Vorgänge zu erheblichen Konsequenzen führen, namentlich entsprechende Vorbehalte in einem Börsenprospekt.
Hinweis
Aus der Sicht eines anwaltlichen Beraters ist daher bei der Beachtung von Formerfordernissen besondere Sorgfalt geboten, da das Fahrwasser zwischen den Klippen des Gesellschaftsrechts, des Steuerrechts und des Beurkundungsrechts eng ist und an jeder Felswand die Beraterhaftung lauert. Kommt es zu einer Havarie, wird die Berufung auf eine Haftung des mitwirkenden Notars selten helfen, da die Haftungsvorschrift des Notars (§ 19 BNotO) jedenfalls bei fahrlässigen Pflichtverletzungen ggü. der einer Haftung des beratenden Anwalts subsidiär ist (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO).
Rz. 4
Die Pflicht zur Beurkundung bestimmter Rechtsgeschäfte im deutschen Recht dient nicht nur – wie andere gesetzliche Formvorschriften – dem Schutz des Erklärenden vor übereilter Bindung bei riskanten Geschäften (Warnfunktion) und der Beweissicherung, sondern auch der Sicherung der äußeren Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts (Gültigkeitsgewähr). Darüber hinaus sollen die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Belehrung über die rechtliche Tragweite des Geschäfts und die neutrale, unparteiliche Vertragsgestaltung des Notars eine innere Vertragsgerechtigkeit sicherstellen.
B. Arten der Beurkundung
Rz. 5
Es lassen sich folgende praktisch bedeutsame Arten der Beurkundung unterscheiden:
I. Beurkundung von Willenserklärungen
Rz. 6
Die Beurkundung von Willenserklärungen richtet sich nach §§ 8 ff. BeurkG. Hauptmerkmal der Beurkundung von Willenserklärungen ist die Durchführung einer "Verhandlung" (§ 8 BeurkG i.V.m. § 13 BeurkG). Die Verhandlung besteht im Vorlesen der Niederschrift, die die Willenserklärungen der Beteiligten enthält und die mit ihrer Unterzeichnung durch die Beteiligten und den Notar abgeschlossen wird. Der Notar muss konsultativ mitwirken und die Parteien belehren, um eine Diskrepanz zwischen dem beabsichtigten rechtlichen Erfolg und der eintretenden Rechtsfolge zu vermeiden. Diese Funktion reduziert sich allerdings in der Praxis, wenn Verträge von anwaltlichen Beratern verhandelt und vorbereitet wurden. Bei der Beurkundung von Willenserklärungen hat der Notar die Vertretungsmacht der Beteiligten gem. § 17 BeurkG i.V.m. § 12 BeurkG zu prüfen; Vollmachten sind der Niederschrift in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift beizufügen (vgl. ausführlicher zur Vertretungsmacht u. Rdn 25 ff.).