Dr. Birgit Wilhelm-Lenz, Jochem Schausten
Rz. 301
Die internationale Zuständigkeit für die Durchführung des Versorgungsausgleichs ergibt sich in den Fällen, in denen der Versorgungsausgleich im Verbund mit der Ehesache geführt wird, aus der Verbundzuständigkeit gem. § 98 Abs. 2 FamFG.
Rz. 302
Wird das Versorgungsausgleichsverfahren als isoliertes Verfahren geführt, ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nunmehr aus § 102 FamFG. Danach sind die deutschen Gerichte für die Durchführung des Versorgungsausgleichsverfahrens international zuständig, wenn einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat oder über inländische Anrechte zu entscheiden ist oder ein deutsches Gericht die Ehe geschieden hat.
Rz. 303
Hinweis
Selbst wenn im Ausland ein Scheidungsverfahren anhängig ist, kann in den meisten Fällen vor einem deutschen Gericht ein isoliertes Versorgungsausgleichsverfahren eingeleitet werden. Dies gilt immer dann, wenn vor dem ausländischen Gericht keine Folgesache Versorgungsausgleich anhängig ist.
Rz. 304
Hinsichtlich des anzuwendenden Rechts ist in fast allen Fällen mit Auslandsbezug Art. 17 Abs. 3 EGBGB zu berücksichtigen, der wiederum auf die Rom III-VO verweist. Nur wenn die Ehegatten beide iranische Staatsbürger sind, ist das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen zu beachten. Wenn beide Ehegatten iranische Staatsbürger sind, ist das iranische Familienrecht anzuwenden. Zwischen iranischen Ehegatten findet deshalb gem. Art. 8 Abs. 3 des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens ein Versorgungsausgleich auch dann nicht statt, wenn ein Ehegatte während der Ehe in Deutschland Versorgungsanrechte erworben hat; Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB findet insoweit keine Anwendung.
Rz. 305
Art. 17 Abs. 3 EGBGB enthält zwei Alternativen, nach denen der Versorgungsausgleich in Fällen mit Auslandsbezug durchzuführen ist: Zum einen gem. S. 1 von Amts wegen, zum anderen in bestimmten Fällen auf Antrag eines der Ehegatten gem. S. 2.
Rz. 306
Von Amts wegen ist der Versorgungsausgleich gem. Art. 17 Abs. 3 S. 1 EGBGB dann durchzuführen, wenn nach der Rom III-VO das Scheidungsstatut das deutsche Recht ist und ihn das Recht eines der Staaten kennt, denen die Ehegatten im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags angehören. Der Versorgungsausgleich ist also beispielsweise nicht schon dann von Amts wegen durchzuführen, wenn die Ehegatten unterschiedliche Staatsangehörigkeiten besitzen, aber aufgrund ihres gemeinsamen Aufenthalts in Deutschland das deutsche Scheidungsstatut Anwendung findet.
Rz. 307
Zu den Staaten, die ein dem deutschen Versorgungsausgleich vergleichbares Rechtsinstitut kennen, gehören Großbritannien, Nordirland, Neuseeland, die Schweiz, Spanien sowie einzelne Provinzen Kanadas und einzelne Staaten der USA.
Rz. 308
Auf Antrag ist der Versorgungsausgleich gem. Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB dann durchzuführen, wenn einer der Ehegatten in der Ehezeit ein Anrecht bei einem inländischen Versorgungsträger erworben hat, soweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs insbesondere im Hinblick auf die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse während der gesamten Ehezeit der Billigkeit nicht widerspricht.
Rz. 309
In beiden Fällen wird der Versorgungsausgleich "regelwidrig" nach deutschem Recht durchgeführt. Als Ehezeit gilt auch hier die Zeit zwischen dem Beginn des Monats, in dem die Ehe geschlossen wurde, bis zum Ende des Monats, der der Rechtshängigkeit des verfahrenseinleitenden Antrags vorausgeht.
Rz. 310
Die Durchführung des Versorgungsausgleichs auf Antrag eines der Ehegatten darf der Billigkeit nicht widersprechen. Hierdurch soll erreicht werden, dass den Besonderheiten, die aus dem Auslandsbezug herrühren, durch die Gerichte Genüge getan werden kann. Insofern kommt in derartigen Fällen auch ein Teilausschluss des Versorgungsausgleichs in Betracht.
Rz. 311
Wurde die Durchführung des Versorgungsausgleichs auf Antrag im Scheidungsverbundverfahren versäumt, kann ein Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gem. Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB nach deutschem Recht auch noch nachträglich und nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung gestellt werden.