Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 12
Immer wieder muss der BGH darüber entscheiden, ob und inwieweit Auszubildende in die Bearbeitung von Fristen eingebunden werden können. So hat er schon 2004 festgestellt, dass dann, wenn Auszubildende mit Botengängen (Nachtbriefkasten) betraut werden, sicherzustellen ist, dass sie eine umfassende Einweisung in die besondere Lage der Nachtbriefkästen erhalten haben.
Rz. 13
Die Telefaxübermittlung einschließlich der Kontrolle des Sendeprotokolls kann der Rechtsanwalt grundsätzlich seinem Personal überlassen, ohne dass er die Erfüllung konkret zu überwachen oder zu kontrollieren hat. Einer/Einem Auszubildenden kann aber diese Tätigkeit nur übertragen werden, wenn sie/er damit vertraut ist und eine regelmäßige Kontrolle ihrer bzw. seiner Tätigkeit keine Beanstandungen ergeben hat.
Rz. 14
So entschied der BGH 2013 (beispielhaft für viele) zur Frage "Fax-Versendung durch Auszubildende" wie folgt:
Zitat
"a) Die Faxübermittlung fristwahrender Schriftsätze darf einem Auszubildenden nur dann übertragen werden, wenn dieser mit einer solchen Tätigkeit vertraut ist und eine regelmäßige Kontrolle seiner Tätigkeit keine Beanstandungen ergeben hat (im Anschluss an BGH, Beschlüsse v. 11.2.2003 – VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, 936 m.w.N. und v. 26.1.2006 – I ZB 64/05, NJW 2006, 1519, 1520 Rn 11)."
b) Bei Fehlen einer konkreten Einzelanweisung müssen allgemeine organisatorische Regelungen in der Anwaltskanzlei bestehen, die die Beachtung dieser Voraussetzungen und eine wirksame Kontrolle der Faxübermittlung durch den Auszubildenden gewährleisten.“
Rz. 15
Das Notieren und Überwachen von Fristen darf der Rechtsanwalt grundsätzlich nur voll ausgebildetem und sorgfältig überwachtem Personal übertragen, keinesfalls aber einer Auszubildenden. Wenn im Einzelfall z.B. durch Personalmangel eine Ausnahme zuzulassen ist, so muss nach den Anforderungen der BGH-Rechtsprechung eine umso wirksamere Kontrolle durch den Rechtsanwalt selbst oder andere geeignete Kräfte gewährleistet sein. In solchen Fällen reichen Stichproben oder bloße Kontrolleinsichten in den Fristenkalender nicht als notwendige Überprüfung der vom Auszubildenden vorgenommenen Eintragungen aus; erforderlich ist ein Vergleich der Eintragungen mit den jeweiligen Akten.
Rz. 16
Der BGH dann auch deutlich im November 2015 zum Thema "Fristen und Azubis":
Zitat
"Ein Rechtsanwalt darf die Eintragung von Fristen und Terminen grundsätzlich nicht auf noch auszubildende Kräfte übertragen (im Anschluss an BGH Beschl. v. 22.4.2009 – IV ZB 22/08 – RuS 2009, 393)." (amtlicher Leitsatz)
Rz. 17
Aus den Gründen (Fettdruck durch die Verfasser):
Zitat
"Die Fristeintragung und -überwachung darf allerdings grundsätzlich nicht auf noch auszubildende Kräfte übertragen werden, denen die notwendige Erfahrung fehlt (BGH Beschl. v. 22.4.2009 – IV ZB 22/08 – RuS 2009, 393 Rn 8; Senatsbeschlüsse vom 11.9.2007 – XII ZB 109/04 – FamRZ 2007, 2059 Rn 16 und vom 15.11.2000 – XII ZB 53/00 – FuR 2001, 273, 274 m.w.N.). Ob im Einzelfall bei Personalmangel eine Ausnahme von diesem Grundsatz zugelassen werden kann, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. In einem solchen Fall muss jedenfalls eine umso wirksamere Kontrolle durch den Rechtsanwalt selbst oder durch ausgebildete und erfahrene Angestellte gewährleistet sein, durch die sichergestellt wird, dass alle von dem Auszubildenden eingetragenen Fristen anhand der Akten auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Sowohl Stichproben als auch bloße Kontrolleinsichtnahmen in den Fristenkalender reichen nicht aus, um die notwendige Überprüfung der von einem Auszubildenden vorgenommenen Eintragungen zu gewährleisten. Vielmehr ist ein Vergleich der Eintragungen im Fristenkalender mit der jeweiligen Akte erforderlich (BGH Beschl. v. 22.4.2009 – IV ZB 22/08 – RuS 2009, 393 Rn 8; Senatsbeschlüsse vom 11.9.2007 – XII ZB 109/04 -FamRZ 2007, 2059 Rn 16 und vom 15.11.2000 – XII ZB 53/00 – FuR 2001, 273, 274 m.w.N.)."
Rz. 18
Nach Ansicht des BGH gelten für die Eintragung von Terminen (hier: Ladung zum Termin!) keine geringeren Anforderungen.
Rz. 19
Nach Ansicht des BGH darf eine in Ausbildung befindliche Person auch nicht damit betraut werden, bereits vom Anwalt vorgegebene Fristen in den Kalender einzutragen, ohne dass die ordnungsgemäße Erledigung jeweils anhand der Akten überprüft wird.