Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
a) Überblick
Rz. 244
Stiftungen werden im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) an mehreren Stellen angesprochen. Besondere Steuertatbestände existieren für den Erwerb der Erstausstattung von Todes wegen und durch Rechtsgeschäft unter Lebenden. Dabei ist der Empfang einer unentgeltlichen Zuwendung grundsätzlich erbschaft- und schenkungsteuerpflichtig. Die Zuwendung einer Erstausstattung als notwendiger Bestandteil des Ausstattungsversprechens sowie jede Zustiftung sind regelmäßig freigebige Zuwendungen in diesem Sinne.
Rz. 245
An der die Steuerpflicht begründenden Freigebigkeit fehlt es jedoch, wenn die Zustiftung objektiv oder subjektiv entgeltlich erfolgt. Die objektive Entgeltlichkeit liegt vor, wenn der Vermögenshingabe eine adäquate Gegenleistung gegenübersteht. Versorgungsleistungen, die nicht in der Satzung vorgesehen sind, sondern anlässlich der Zustiftung auferlegt oder vereinbart werden, können demgegenüber als Gegenleistungen zu bewerten sein. Soweit hier der Verkehrswert des zugestifteten Vermögens den Verkehrswert der Versorgungsleistungen übersteigt, handelt es sich insoweit um eine teilentgeltliche Zuwendung. Gleiches gilt, wenn von der Stiftung in rechtlichem Zusammenhang mit der Zustiftung Abstands- oder Ausgleichszahlungen zu erbringen sind.
b) Zeitpunkt der Steuerentstehung
aa) Erstausstattung bei Stiftungen von Todes wegen
Rz. 246
Wird eine Stiftung von Todes wegen errichtet, ist die Zuwendung erbschaftsteuerpflichtig, vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG. Diese Steuerpflicht besteht auch dann, wenn der Erbe aufgrund einer ihn beschwerenden Auflage des Erblassers die Stiftung erst noch durch eigenes Stiftungsgeschäft unter Lebenden errichten muss, vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Nr. 2 ErbStG. Der Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer hängt davon ab, ob die Stiftung als Erbe oder Vermächtnisnehmer einerseits oder als Auflagenbegünstigter andererseits eingesetzt ist.
Rz. 247
Bei der Stiftungserrichtung durch letztwillige Verfügung entsteht die Erbschaftsteuerpflicht erst im Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung durch die Stiftungsbehörde, vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c ErbStG. Diese Regelung weicht von § 80 Abs. 2 S. 2 BGB (bis 30.6.2023: § 84 BGB) ab, der für die Zuwendungen des Erblassers eine zivilrechtliche Rückwirkung der Anerkennung durch die Stiftungsaufsicht vorsieht. Aufgrund dieser zivilrechtlichen Fiktion ist die Stiftung bereits erbfähig, auch wenn sie erst später durch Anerkennung der Stiftungsaufsicht entsteht. Steuerrechtlich ist jedoch der Zeitpunkt des Eintritts aller tatbestandlichen Voraussetzungen für die Steuerpflicht maßgeblich, vgl. § 38 AO.
Rz. 248
Erfolgt die Erstausstattung durch eine Auflage, entsteht die Steuer erst mit der Vollziehung des letztwilligen Ausstattungsversprechens, d.h. im Zeitpunkt der Übertragung des der Stiftung zugedachten Vermögens durch den auflagenbeschwerten Erben oder Vermächtnisnehmer, vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d ErbStG.
bb) Zustiftung von Todes wegen
Rz. 249
Zustiftung ist eine Zuwendung in das Grundstockvermögen einer bereits bestehenden Stiftung. Die Steuerpflicht für Zustiftungen von Todes wegen ergibt sich im Fall der Erbeinsetzung oder Vermächtnisanordnung aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Zeitpunkt der Steuerentstehung ist der Todestag des Erblassers, vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Rz. 250
Beruht die Zustiftung auf einer Auflage, greift der Steuertatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG. Bei dieser Zuwendung entsteht die Steuer zum Zeitpunkt der Vollziehung der Auflage, vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d ErbStG.
cc) Erstausstattung bei Stiftungen unter Lebenden bzw. Fall der lebzeitigen Zustiftung
Rz. 251
Die Errichtung der Stiftung zu Lebzeiten des Stifters qualifiziert die Übertragung der Erstausstattung als Schenkung unter Lebenden. Die Vermögensausstattung unterliegt daher der Schenkungsteuer, vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 ErbStG. Die lebzeitige Zustiftung ist ebenfalls als freigebige Zuwendung steuerpflichtig, vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Rz. 252
Sowohl bei der unentgeltlichen Zuwendung einer Erstausstattung als auch einer Zustiftung unter Lebenden entsteht die Steuer im Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung, d.h. mit Übertragung des Stiftungsvermögens, vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG.
c) Bemessungsgrundlage und Bewertung
aa) Grundsätze
Rz. 253
Die Bemessungsgrundlage der Erbschaft- und Schenkungsteuer bei der Erstausstattung oder Zustiftung ist der Gesamtwert der auf die Stiftung übergehenden Vermögensgegenstände zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, vgl. §§ 9, 11 ErbStG. Die Berechnung des Gesamtwerts beruht auf den Bewertungsmaßstäben des § 12 ErbStG i.V.m. den Vorschriften des Bewertungsgesetzes. Seit der Erbschaftsteuerreform 2009 ist grundsätzlich der gemeine Wert maßgebend.
Rz. 254
Wird di...