Rz. 47
Es ist bereits allgemeine Grundlage des Versicherungsrechts, dass auch der Versicherer ein Interesse daran hat, einen Schadeneintritt – soweit ihm dies möglich ist – zu verhindern. Ungeachtet des Versicherungstyps wäre es sinnwidrig, wenn ein Versicherungsnehmer einen drohenden Schaden nicht verhindern würde, nur um ihn nachher als entstandenen Schaden realisieren zu können. Daher enthalten bereits §§ 82, 83 VVG eine Regelung über den Aufwendungsersatz, nach der den Versicherungsnehmer die Pflicht trifft, bei Eintritt eines Versicherungsfalles alles zu tun, um einen Schaden abzuwenden bzw. diesen zu mindern. Im Gegenzug dazu hat der Versicherer ihm die Aufwendungen zu erstatten, die der Versicherungsnehmer zur Verhinderung und Minderung des Schadens tätigt. Die Rechtsprechung hat hierzu eine entsprechende Kasuistik entwickelt, die vor allem die Sachversicherungssparten betrifft, aber auch in den Bereich der Haftpflichtversicherung überging.
Rz. 48
Zu diesen generellen Verpflichtungen enthält Ziff. 5 UHV eine Sonderregelung. Der Versicherer ersetzt danach, auch ohne dass ein Versicherungsfall eingetreten ist, Aufwendungen des Versicherungsnehmers für Maßnahmen zur Abwendung oder Minderung eines sonst unvermeidbar mitversicherten Schadens nach einer Störung des Betriebes oder aufgrund behördlicher Anordnungen. Hierin zeigen sich die besonderen Verknüpfungen zu dem Bereich des Umweltrechts.
Rz. 49
Unter Aufwendungen ist zunächst entsprechend den Regelungen der §§ 82, 83 VVG jede – auch unfreiwillige – Vermögensverminderung zu verstehen, welche die adäquate Folge einer Maßnahme ist, die der Versicherungsnehmer zur Schadensabwehr oder -minderung macht. Während §§ 82, 83 VVG ausdrücklich auf das Vorliegen eines Versicherungsfalles abstellen, sieht Ziff. 5.1 UHV gerade vor, dass der Aufwendungsersatz auch dann greift, wenn ein Versicherungsfall nicht eingetreten ist. Diese Ergänzung ist besondere Reaktion auf die gewählte Konstruktion des Versicherungsfalls in der UHV. Dies bezieht sich auf jeden einzelnen Versicherungsfall. Bei Schäden durch Umwelteinwirkung ist also zu differenzieren, welcher Versicherungsfall konkret gemeint ist. So kann durch einen Ausbreitungstatbestand bereits ein Personenschaden, zum Beispiel die Verätzung der Atemwege durch giftige Gase, eingetreten sein, gleichwohl noch kein mitversicherter Vermögensschaden. Ergreift der Versicherungsnehmer nunmehr Maßnahmen, die den Personenschaden nicht mehr, wohl aber den mitversicherten Vermögensschaden verhindern können, sind diese Aufwendungen gemäß Ziff. 5.1 UHV zu ersetzen.
Rz. 50
Aus der Konstruktion des Aufwendungsersatzanspruches ergibt sich auch, dass die gewählte Ersatzpflicht des Versicherers gerade eine Abgrenzung zu den §§ 82, 83 VVG schaffen soll. Innerhalb des Tatbestandes der Regelung wird erfasst, dass der Aufwendungsersatzanspruch nach einer Störung des Betriebes bzw. aufgrund behördlicher Anordnung greift. Aus der Konstruktion des Umweltrechts und der entsprechenden Anlagen liegen diese beiden Tatbestände stets vor Eintritt eines Versicherungsfalls nach der Definition der Ziff. 4 UHV, so dass insoweit §§ 82, 83 VVG ohnehin nicht greifen werden.
1. Störung des Betriebes
Rz. 51
Der Begriff der Störung des Betriebes ist weder in den Bedingungen noch anderweitig definiert. Allerdings enthält die 12. Bundesimmissionsschutzverordnung (12. BImSchV), sog. Störfall-Verordnung, in § 2 eine Definition, nach der ein Störfall immissionsschutzrechtlich die Störung des bestimmungsgemäßen Betriebs einer Anlage ist, nach der ein bestimmter Stoff sofort oder später durch ein Ereignis, z.B. eine Emission, ein Brand oder eine Explosion größeren Ausmaßes, eine ernste Gefahr hervorruft. Diese Definition entspricht auch anderweitigen immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen. Fränzer weist indes zu Recht darauf hin, dass diese Definition nur begrenzt zur Bestimmung der Begrifflichkeiten innerhalb der UHV hilfreich ist. Störungen des Betriebes im Sinne der UHV sind demzufolge alle vom üblichen Betrieb abweichenden Zustände, ohne dass diese zu einer Außenwirkung, insbesondere zu einer solchen mit Gefährdungen – wie es die Störfall-Verordnung verlangt – führt. Ob dies letztlich auch in der Rechtsprechung durchgreifend übernommen wird, bleibt offen. Wenn auch eine Vielzahl der Argumente dafür spricht, bereits weichere Kriterien an die Anforderungen der Störung des Betriebs im Sinne der UHV zu stellen, bleibt nicht ausgeschlossen, dass die enge Bindung des versicherungsrechtlichen Modells an die haftungsrechtlichen Tatbestände und Begrifflichkeiten dazu führt, dass tatsächlich ein Rückgriff auf die umweltrechtlichen Bestimmungen zur Definition genommen wird.
2. Behördliche Anordnungen
Rz. 52
Das Vorliegen einer behördlichen Anordnung – unter Außerachtlassung des Begriffes der Stör...