I. Überblick
1. Erfasste Verfahren
Rz. 1
Soweit der Anwalt bereits in der Hauptsache tätig ist, bestimmt § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5b) RVG, dass die Tätigkeit in einem Verfahren über eine Rüge wegen der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zur Hauptsache gehört und keine gesonderte Vergütung auslöst. Die Frage der Vergütung für die Tätigkeit des Anwalts in solchen Verfahren stellt sich daher nur dann, wenn der Anwalt ausschließlich mit der Rüge oder mit der Abwehr einer vom Gegner erhobenen Rüge beauftragt ist.
Rz. 2
Vorgesehen ist die Gehörsrüge in sämtlichen Verfahrensordnungen (§§ 321a, 544 Abs. 6, 705 ZPO; § 44 FamFG; § 71a GWB; § 78a ArbGG; § 152a VwGO; § 178a SGG; § 133a FGO; §§ 33a, 356a StPO; § 55 Abs. 4 JGG i.V.m. § 356a StPO; § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 OWiG; § 121a WDO und in allen Kostengesetzen, vgl. § 61 FamGKG; § 81 Abs. 3 GBO; § 89 Abs. 3 SchRegO; § 69a GKG; § 131 GNotKG (vormals §§ 131d, 157a KostO); § 4a JVEG; § 12a RVG; § 2 Abs. 2 S. 1 GVKostG i.V.m. § 69a GKG; § 22 JVKostG i.V.m. § 69a GKG (vormals § 13 Abs. 2 JVKostO i.V.m. § 157a KostO).
2. Verfahren nach Teil 3 VV
Rz. 3
Soweit sich die Vergütung in diesen Verfahren nach Teil 3 VV richtet, erhält der Anwalt die Vergütung nach Teil 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 6 VV. Einschlägig sind die Nrn. 3330, 3331 VV. Ansonsten sind keine gesonderten Gebührentatbestände vorgesehen.
3. Strafsachen
Rz. 4
Auch in Strafsachen ist eine Gehörsrüge möglich. Soweit sie dort eine eigene Angelegenheit darstellt, handelt es sich um eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4302 Nr. 3 VV (siehe § 35 Rdn 265 ff.). Soweit in den Fällen der Vorbem. 4 Abs. 5 VV auf Teil 3 VV verwiesen wird, erfasst dies auch die Verweisung auf Nrn. 3330, 3331 VV.
4. Bußgeldsachen
Rz. 5
Da auch in Bußgeldsachen eine gesetzliche Regelung fehlt, ist hier ebenfalls von einer Einzeltätigkeit auszugehen, die nach Nr. 5200 VV vergütet wird (siehe § 36 Rdn 217 ff.). Auch hier dürften allerdings die Nrn. 3330, 3331 VV anzuwenden sein, wenn auf Teil 3 VV verwiesen wird (Vorbem. 5 Abs. 4 VV).
5. Verfahren nach Teil 6 VV
Rz. 6
In Verfahren nach Teil 6 VV richtet sich die Gehörsrüge nach Teil 3 VV. Da Teil 6 VV für Gehörsrügen keine gesonderten Gebühren vorsieht, werden insoweit die Gebühren nach Teil 3 VV nicht verdrängt (Vorbem. 3 Abs. 7 VV).
II. Verfahren nach Teil 3 VV
1. Überblick
Rz. 7
Für eine isolierte Tätigkeit in einem Verfahren über eine Rüge wegen der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erhält der Anwalt die Vergütung nach den Nrn. 3330, 3331 VV. Diese Regelungen gelten seit den Änderungen durch das 2. KostRMoG auch in Verfahren, in denen nach Betragsrahmen abzurechnen ist. Entsprechende Regelungen fehlten bislang.
Rz. 8
Wird der Anwalt zunächst mit der Vertretung im Verfahren über die Rüge beauftragt und nach Erfolg der Rüge im anschließenden fortgesetzten Verfahren, so liegt insoweit nur eine Angelegenheit vor. Die Vergütung nach den Nrn. 3330, 3331 VV geht dann in der anschließenden Vergütung des jeweiligen Hauptsacheverfahrens auf (siehe Beispiele 9, 10). Die weitere Tätigkeit bildet mit der Gehörsrüge eine Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5b) RVG). Es entsteht nicht etwa eine neue Angelegenheit nach § 17 Nr. 1 RVG, da es sich nicht um ein Rechtsmittel handelt.
Rz. 9
Das Gleiche gilt auch dann, wenn der Anwalt nach einer erfolgreichen Gehörsrüge in dem dann fortzusetzenden Verfahren weiter beauftragt wird.
2. Verfahren nach Gegenstandswert
a) Überblick
Rz. 10
Im isolierten Verfahren über eine Rüge wegen der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, in denen nach dem Gegenstandswert abzurechnen ist (§§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 S. 2 RVG) erhält der Anwalt zunächst einmal eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3330 VV. Die Höhe der Gebühr beläuft sich auf die Höhe der Verfahrensgebühr des Verfahrens, in dem die Rüge erheben wird, höchstens jedoch auf 0,5. Das gilt auch dann, wenn die Gehörsrüge im Rechtsmittelverfahren erhoben wird.
Rz. 11
Soweit im Ausgangsverfahren Gebühren von 0,5 gelten (z.B. einfache Beschwerdeverfahren) oder geringere Gebühren als 0,5 (z.B. in Zwangsvollstreckungs- oder Zwangsversteigerungsverfahren), erhält der Anwalt eine Gebühr in dieser Höhe. Gelten im Ausgangsverfahren höhere Verfahrensgebühren (z.B. im Erkenntnisverfahren), erhält der Anwalt eine 0,5-Gebühr.
Rz. 12
Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstands, erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV um jeweils 0,3 je weiteren Auftraggeber, höchstens um 2,0.
Rz. 13
Eine Reduzierung der Verfahrensgebühr bei vorzeitiger Erledigung ist nicht vorgesehen (arg. e. Nr. 3337 VV).
Rz. 14
Findet im Verfahren über die Gehörsrüge ein Termin i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 VV statt, so erhält der Anwalt nach Nr. 3331 VV zusätzlich eine Terminsgebühr. Die Höhe dieser Gebühr richtet sich wiederum nach der Terminsgebühr des Verfahrens, in dem die Rüge erhoben wird. Auch sie beträgt jedoch höchstens 0,5.
Rz. 15
Eine fi...