Dr. Daniel Faulenbach, Peter Friedhofen
Rz. 11
Den Arbeitnehmer darf an der Versäumung der Drei-Wochen-Frist kein Verschulden treffen. Regelmäßig darf ihm noch nicht einmal leichte Fahrlässigkeit vorwerfbar sein. Aus der Formulierung in § 5 Abs. 1 KSchG, wonach ein Arbeitnehmer "trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war …", schließt die herrschende Meinung, dass auf die dem Arbeitnehmer konkret zuzumutende Sorgfaltspflicht abzustellen ist. Es kommt also darauf an, zu welchem Personenkreis der Arbeitnehmer gehört und wie sich seine persönlichen Verhältnisse darstellen. Damit gilt ein subjektiver Maßstab. Entscheidend ist, welches Maß an Sorgfalt dem konkreten Arbeitnehmer in seiner konkreten Situation abgefordert werden kann. Schon vor Einführung der neuen einheitlichen Klagefrist ist die Auffassung vertreten worden, dass mit den §§ 4, 7 KSchG die Schaffung klarer Rechtsverhältnisse in den Vordergrund gestellt worden sei. Danach soll der Arbeitgeber im Grunde nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist davon ausgehen können, dass die Kündigung jedenfalls wirksam geworden sei. Deswegen müsse im Interesse der Rechtssicherheit die Klagefrist eingehalten werden. Deswegen sei auch in aller Regel zu fordern, dass den Arbeitnehmer an der Versäumung der Drei-Wochen-Frist kein Verschulden treffe, auch nicht in Form leichter Fahrlässigkeit. Einem Arbeitnehmer könne bei der Verfolgung einer für ihn so wichtigen Angelegenheit, ob sein Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beendet worden sei oder nicht, eine gesteigerte Sorgfalt abverlangt werden.
Rz. 12
Hier ist nunmehr äußerste Vorsicht geboten. Der Gesetzgeber hat durch die Einführung der einheitlichen Klagefrist zum 1.1.2004 dem Interesse des Arbeitgebers an einer schnellen Klärung der Rechtslage ein erheblich größeres Gewicht beigemessen als dies nach dem alten Rechtszustand angenommen werden konnte. Während nach altem Recht alle möglichen Unwirksamkeitsgründe auch noch durch eine Klagerhebung nach drei Wochen nach Zugang der Kündigung geltend gemacht werden konnten, muss nunmehr ein Arbeitnehmer gegen eine schriftliche Kündigung des Arbeitgebers binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben und sich dabei zumindest auf einen Unwirksamkeitsgrund berufen, um die Fiktionswirkung des § 7 KSchG nicht eintreten zu lassen. Damit gewinnt das Argument der Rechtssicherheit für den Arbeitgeber erheblich an Bedeutung. Dies wird nicht ohne Auswirkungen bleiben können für die Prüfung, wie viel Sorgfalt dem Arbeitnehmer im konkreten Fall in seiner konkreten Situation abzuverlangen ist.