Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 285
Die Besteuerung des begünstigten nicht entnommenen Gewinns erfolgt im Begünstigungsjahr mit 28,25 % + SolZ. Diese Tarifbegünstigung wird nur auf Zeit gewährt und hat den Effekt einer Steuerstundung. Anlassbezogen, bspw. bei einer Überentnahme, d.h. die Entnahmen übersteigen die Einlagen und den Gewinn, kommt es zu einer Nachversteuerung des bislang begünstigten Gewinns. Gem. § 34a Abs. 4 Satz 2 EStG beträgt die feste Einkommensteuer auf den Nachversteuerungsbetrag 25 %. Aufgrund dieser Regelung ist die Vorteilhaftigkeit der Anwendung von § 34a EStG im Einzelfall zu prüfen. Insbesondere sollte von einer Inanspruchnahme von § 34a EStG Abstand genommen werden, wenn nach dem regulären Einkommensteuertarif der Grenzsteuersatz unterhalb der 28,25 % liegt. Dies bedeutet auch, dass – wenn neben gewerblichen Einkünften keine weiteren Einkünfte vorliegen – ein gewisser Grundbetrag der gewerblichen Einkünfte (z.B. 100.000,00 EUR für einzelveranlagte Personen und 200.000,00 EUR bei Zusammenveranlagung stets nach dem regulären Tarif besteuert werden sollte, um die niedrigen Progressionsstufen zu nutzen und ggf. den Abzug von Sonderausgaben u.Ä. zu erreichen. Die größte Auswirkung wird durch Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung für nicht entnommene Gewinne naturgemäß erreicht, wenn übrige Einkünfte in einer Höhe vorliegen, so dass insgesamt der Spitzensteuersatz Anwendung findet.
Hinweis
Die Thesaurierungsbegünstigung für nicht entnommene Gewinne sollte grds. nur in Anspruch genommen werden, soweit die begünstigungsfähigen Einkünfte ansonsten einer regulären Einkommensteuerbelastung im Bereich des Spitzensteuersatzes unterlägen hätten.
Wenn eine Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung für nicht entnommene Gewinne im größtmöglichen Umfang erreicht werden soll, sind bei der Ausgestaltung im Einzelnen diverse Einzelheiten zu beachten. Insbesondere ist eine detaillierte Planung von Entnahmen und Einlagen notwendig.
Rz. 286
Weitere Nachversteuerungsanlässe neben der Überentnahme werden in § 34a Abs. 6 EStG geregelt. Bislang war eine Nachversteuerung lediglich für den Fall der Veräußerung/Einbringung/Aufgabe des gesamten Betriebs bzw. Mitunternehmeranteils vorgesehen. Infolge der Änderungen durch das Wachstumschancengesetz 2024 führt inzwischen jedoch auch die Veräußerung eines Teilbetriebs/Teilmitunternehmeranteils, die Einbringung eines Teilbetriebs/Teilmitunternehmeranteils sowie die entgeltliche Aufnahme eines Mitunternehmers in ein bestehendes Einzelunternehmen zu einer Nachversteuerung. Bei einer unentgeltlichen Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG auf eine natürliche Person führt der Rechtsnachfolger den nachversteuerungspflichtigen Betrag fort. Bisher vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass der nachversteuerungspflichtige Betrag bei der Übertragung von Teilen von Mitunternehmeranteilen nicht überging bzw. keine anteilige Nachversteuerung auslöste. Dies wurde mit dem Wachstumschancengesetz 2024 nunmehr abgeändert. Bei Übertragung von Teilmitunternehmeranteilen geht der nachversteuerungspflichtigen Betrag zur Vermeidung von Gestaltungen anteilig mit über bzw. wird anteilig einer Nachversteuerung zugeführt. Bei einer Übertragung oder Überführung nach § 6 Abs. 5 EStG kann gem. § 34a EStG eine Übertragung des nachversteuerungspflichtigen Betrags beantragt werden.
Hinweis
Bei einer unentgeltlichen Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG auf eine natürliche Person führt der Rechtsnachfolger den nachversteuerungspflichtigen Betrag (anteilig) fort. Dies kann für den Rechtsnachfolger eine erhebliche Belastung bedeuten. Insbesondere bei mehreren potenziellen Erben bzw. Beschenkten ist einzukalkulieren, wenn nur einer dieser Erben/Beschenkten den Nachversteuerungsbetrag als Risiko bzw. latente Belastung mit übernehmen würde. Ggf. ist zu überlegen, eine Nachversteuerung in der letzten Einkommensteuerveranlagung des Erblassers zu beantragen, um eine Berücksichtigung als abziehbare Schuld bei der Erbschaftsteuerermittlung zu erreichen.