Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 120
Forderungen sind klassische Gegenstände i.S.d. Bürgerlichen Rechts. Deshalb ist es an sich naheliegend, dass diese auch in der Bilanz ausgewiesen werden. Allerdings hat sich für die Behandlung sog. synallagmatischer Forderungen ein (ungeschriebener) GoB sog. schwebender Geschäfte entwickelt. Als schwebendes Geschäft bezeichnet man Geschäfte, bei denen zwar das gegenseitige Verpflichtungsgeschäft abgeschlossen ist, die Erfüllungsgeschäfte aber zumindest teilweise noch ausstehen. Aus der Überlegung, dass der gegenseitige Vertrag nicht statisch wirkt, sondern auf Abwicklung (Erfüllung) angelegt ist, zieht das Bilanzrecht die Konsequenz, das (vorläufige) schwebende Geschäft nicht zur Kenntnis zu nehmen. Es taucht in der Bilanz deshalb nicht auf, soweit es von keiner Seite erfüllt worden ist.
Rz. 121
In materieller Hinsicht beruht dieser GoB auf dem Vorsichts- bzw. Realisationsprinzip. Während des Schwebezustandes ist der Erfolg des Geschäftes mit Unwägbarkeiten behaftet, sodass der durch die Forderung repräsentierte verwirklichte Gewinn des Sachleistenden (Verkäufers) erst später dargestellt werden soll. Wenn der zur Sachleistung Verpflichtete seine Hauptleistungspflicht erbracht hat, ist von einer hinreichend gesicherten Position auszugehen, sodass die Forderung auf die Gegenleistung (einschl. Gewinnrealisierung) zu diesem Zeitpunkt zu aktivieren ist (dazu u. Rdn 123). Vorleistungen des Zahlungsverpflichteten sind dergestalt zu neutralisieren, dass die Anzahlungen beim Leistenden zu aktivieren und in der Bilanz des Empfängers zu passivieren sind. Selbst wenn beide Seiten noch nicht mit der Erfüllung begonnen haben und deshalb an sich ein schwebendes Geschäft vorliegt, fordert das Imparitätsprinzip einen bilanziellen Ausweis für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, die als Rückstellung abzubilden sind (dazu u. Rdn 162 ff.).