Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 365
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuergesetzes v. 25.6.2021 wurde die Option zur Körperschaftsteuer nach § 1a KStG eingeführt, die Personengesellschaften die Möglichkeit eröffnet, ertragsteuerlich wie eine Körperschaft behandelt zu werden. Zweck der Vorschrift ist das Bestreben des Gesetzgebers nach einer rechtsformneutralen Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften umzusetzen.
Rz. 366
Zur Ausübung der Option sind derzeit ausschließlich Personenhandelsgesellschaften sowie vergleichbare ausländische Gesellschaften berechtigt. Der Antrag ist unwiderruflich und spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres, für das die Option gelten soll, bei dem zuständigen Finanzamt zu stellen. Eine Rückwirkung des Antrags ist ausgeschlossen und schränkt den zeitlichen Anwendungsbereich insbesondere für unterjährig neu gegründeten sowie aus einer Umwandlung hervorgehenden Personengesellschaften stark ein. Mit dem Wachstumschancengesetz ist erfreulicherweise eine erleichterte Anwendung für unterjährig neu gegründete Personengesellschaften umgesetzt worden. Innerhalb eines Unternehmensverbundes ist jede Gesellschaft individuell antragsberechtigt.
Rz. 367
Die Option vollzieht sich nach § 1a Abs. 2 Satz 1 KStG als fiktiver Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft i.S.d. §§ 25, 20 UmwStG. Zur Vermeidung einer Aufdeckung von stillen Reserven infolge des fingierten Vermögensübergangs haben sämtliche für die Einbringung von Mitunternehmeranteilen in eine Kapitalgesellschaft geltenden Voraussetzungen i.S.d. § 20 ff. UmwStG vorzuliegen. Die Erfüllung der zivilrechtlichen Voraussetzungen ist nicht erforderlich, da die Option keinen zivilrechtlichen Umwandlungsakt darstellt. Konkret vorausgesetzt wird die Einbringung sämtlicher zur Gesamthand sowie zum Sonderbetriebsvermögen gehörender funktional wesentlicher Betriebsgrundlagen. Das Zurückhalten einer Beteiligung an einer Komplementär-GmbH ist nunmehr unschädlich. Zurückbehaltendes Sonderbetriebsvermögen gilt als entnommen und kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Betriebsaufspaltung begründen. Vorhandene Ergänzungsbilanzen sind unter Anpassung des steuerlichen Eigenkapitals aufzulösen. Die Anpassung soll hierbei über eine Berücksichtigung auf dem Kapitalkonto des Gesellschafters oder einem steuerlichen Ausgleichsposten erfolgen können. Erschwert wird die (steuerneutrale) Option zusätzlich durch eine zwingende Nachversteuerung nicht entnommener Gewinne i.S.d. § 34a EStG.
Rz. 368
Mit entsprechender Ausübung der Option ist die Personengesellschaft ertragsteuerlich wie eine Kapitalgesellschaft zu behandeln. Die Gesellschaft unterliegt dem Körperschaftsteuertarif sowie der Gewerbesteuer. Für die Ermittlung der Körperschaftsteuer findet § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG keine Anwendung. Die optierte Personengesellschaft kann – auch bei ausschließlich vermögensverwaltender Tätigkeit – Organträgerin i.S.d. § 14 KStG sein, da sie steuerlich als Kapitalgesellschaft gilt. Eine Anerkennung als Organgesellschaft scheidet aus. Abkommensrechtlich gilt die optierte Personengesellschaft als juristische Person. Das steuerliche Gesamthandsvermögen einschließlich des eingebrachten Sonderbetriebsvermögens gilt fortan als steuerliches Betriebsvermögen der optierten Personengesellschaft. Für das Rechtsverhältnis zwischen optierter Personengesellschaft und Gesellschafter finden die körperschaftsteuerlichen Regelungen Anwendung. Tätigkeitsvergütungen und Nutzungsüberlassungen sind nach den für die verdeckte Gewinnausschüttungen geltenden Grundsätze des Fremdvergleichs zu vereinbaren. Nutzungsüberlassungen können ferner eine Betriebsaufspaltung begründen.
Rz. 369
Ausschüttungen aus der optierten Personengesellschaft unterliegen im Ausschüttungszeitpunkt dem Kapitalertragsteuerabzug. Es besteht eine Pflicht zur Anmeldung und Entrichtung der im Ausschüttungszeitpunkt entstandenen Kapitalertragsteuer. Nach den körperschafsteuerlichen Grundsätzen unterliegen Ausschüttungen auf Ebene der Empfänger dem Teileinkünfteverfahren (bei natürlichen Personen als Gesellschafter) bzw. den Steuerbefreiungen des § 8b KStG (bei Kapitalgesellschaften als Gesellschafter). Zur Ausschüttung führt neben der Verbuchung auf einem Fremdkapitalkonto auch die Verbuchung auf einem Eigenkapitalkonto, sofern der Gesellschafter jederzeit eine Auszahlung zulasten dieses Kontos vornehmen kann. Fraglich ist, ob bereits die Verbuchung auf einem Rücklagenkonto, bei der der Gesellschafter aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung die Möglichkeit einer Umqualifizierung in Fremdkapital besitzt, eine Ausschüttung fingiert. Entsprechend der körperschaftsteuerlichen Grundsätze ist bei der optierten Personengesellschaft ein steuerliches Einlagekonto zu führen. Der Anfangsbestand des Einlagekontos bildet das Eigenkapital der Gesamthandsbilanz sowie der jeweiligen Ergänzungsbilanzen der Gesellscha...