Rz. 35
Da ertragsteuerlich regelmäßig unterschiedliche Folgen an eine entgeltliche oder unentgeltliche Vermögensübertragung geknüpft werden und die Auseinandersetzung des Nachlasses nach Rechtsprechung des Großen Senats des BFH v. 5.7.1990 zu einer Vermögensübertragung von der Gesamthand auf den einzelnen Miterben führt, ist die Unterscheidung nach dem Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Abfindung sinnvoll. Je nach Art des im Nachlass befindlichen Vermögens ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen.
aa) Betriebsvermögen
Rz. 36
Besteht der Nachlass nur aus Betriebsvermögen, stellt die Auseinandersetzung durch Aufteilung des Betriebsvermögens unter den Miterben und die Fortführung des Betriebes ohne Abfindung eine Realteilung und damit einen unentgeltlichen Vorgang dar. Mangels Entgeltlichkeit entstehen weder Anschaffungskosten noch Veräußerungserlöse.
Rz. 37
Setzen sich die Erben derart auseinander, dass das Betriebsvermögen veräußert wird, und teilen die Erben anschließend den Kaufpreis untereinander auf, liegt eine durch §§ 16, 34 EStG begünstigte Betriebsveräußerung der Erbengemeinschaft vor.
Rz. 38
Teilen die Miterben das Betriebsvermögen auf, ohne den Betrieb des Erblassers fortzuführen, liegt eine Betriebsaufgabe vor, die ebenfalls zur einer Gewinnrealisierung führt und wiederum durch §§ 16, 34 EStG begünstigt ist.
Rz. 39
Soweit die Erben bei der vorstehenden Variante das aufgeteilte Betriebsvermögen in einen eigenen Betrieb einbringen, kann gem. § 16 Abs. 3 S. 2 EStG die Gewinnrealisierung vermieden werden. Die Wirtschaftsgüter sind dann im Betrieb des Miterben zu Buchwerten fortzuführen. Voraussetzung ist, dass mindestens eine wesentliche Betriebsgrundlage weiterhin Betriebsvermögen bei zumindest einem Miterben bleibt. Die einheitliche Ausübung eines Wahlrechts ist nicht erforderlich.
bb) Privatvermögen
Rz. 40
Wie schon bei aus Betriebsvermögen bestehendem Nachlass führt auch die Auseinandersetzung über einen Nachlass, der aus Privatvermögen besteht, ohne Abfindungszahlung nicht zu Anschaffungskosten oder Veräußerungserlös. Erst recht stellt es keinen steuerlich relevanten Vorgang dar, wenn im Wege der Erbauseinandersetzung Gesamthandeigentum entsprechend der Erbquote in Bruchteilseigentum umgewandelt wird. Hier sind aber ggf. grunderwerbsteuerliche Folgen zu beachten (siehe Rdn 88).
Rz. 41
Die Übernahme von Nachlassverbindlichkeiten über die Erbquote hinaus zum Ausgleich unterschiedlicher Werte der zu teilenden Nachlassgegenstände stellt einen unentgeltlichen Vorgang dar und wird wie die Erbauseinandersetzung ohne Abfindung behandelt. (Zur teilweise abweichenden Rechtsprechung vgl. Rdn 49).
Rz. 42
Zwar können Nachlassverbindlichkeiten in diesem Zusammenhang auch solche sein, die erst im Zuge der Verwaltung des Nachlasses entstanden sind, jedoch nimmt die Finanzverwaltung Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) an, wenn die Verbindlichkeiten nur zum Zwecke der Auseinandersetzung aufgenommen wurden.
cc) Mischnachlass
Rz. 43
Setzt sich die Erbengemeinschaft über einen Mischnachlass auseinander, ohne dass eine Abfindungszahlung an einen der Miterben erfolgt, entstehen weder Anschaffungskosten noch Veräußerungserlöse. Die Auseinandersetzung erfolgt ohne ertragsteuerliche Auswirkung.
Rz. 44
Sollte bei der Auseinandersetzung allerdings alles wesentliche Betriebsvermögen in das Privatvermögen übernommen worden sein, liegt eine Betriebsaufgabe vor und es entsteht ggf. ein Aufgabegewinn. Schafft die Erbengemeinschaft durch Entnahmen aus dem Betriebsvermögen erst einen Mischnachlass, um hierdurch die steuerneutrale Auseinandersetzung zu ermöglichen, kann Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 AO vorliegen.
Rz. 45
Ob bei der Teilung eines Mischnachlasses übernommene Schulden zum Schuldzinsenabzug berechtigen, hängt von der jeweils übernommenen Vermögensart ab. Übernimmt ein Miterbe Betriebsvermögen und zum Ausgleich Privatschulden des Erblassers, werden diese bei ihm zu Betriebsschulden und er kann die Schuldzinsen abziehen.
Rz. 46
Entstehen Aufwendungen aus der Finanzierung von Pflichtteilen, Erbersatzansprüchen oder Vermächtnissen, sind diese grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig. Werden die Ansprüche dieser Nicht-Erben durch Übertragung von Nachlassgegenständen befriedigt, liegt regelmäßig ein entgeltlicher Vorgang vor. Die Erbengemeinschaft veräußert den Gegenstand und der Berechtigte erwirbt den Gegenstand zu Anschaffungskosten in Höhe seines Pflichtteils-, Erbersatz- oder Vermächtnisanspruches.
Rz. 47
Um die Entgeltlichkeit der Befriedigung von Pflichtteilsberechtigten mittel...