Dr. iur. Artur-Konrad Wypych
Rz. 9
Wesentliche Grundlage für die Ausgestaltung von Arbeitsstätten ist die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Sie enthält einheitliche Regelungen für Industrie, Gewerbe und Handel. Der Kernsatz ist die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Arbeitsstätte so einzurichten und zu betreiben, dass davon keine Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten ausgeht (§ 3a Abs. 1 S. 1 ArbStättV). Diese Rechtsverordnung des Bundes wurde ursprünglich auf der Grundlage der §§ 120e und 139h GewO a.F. erlassen. Im Zuge der Novellierung des Gewerbeordnungsrechtes im Jahr 2002 wurden diese Ermächtigungsgrundlagen aufgehoben. Die Novelle im Jahr 2016 integrierte das Bildschirmarbeitsrecht in das Arbeitsstättenrecht, da Bildschirmarbeit im digitalen Zeitalter kein Sonderrecht mehr darstellt und es daher sachgerecht ist, die Anforderungen an die Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen im allgemeinen Arbeitsstättenrecht zu regeln. Die 1996 in Kraft getretene Bildschirmarbeitsverordnung findet seither keine Anwendung mehr. Zudem wurden Regelungen zu Telearbeitsplätzen und mobilen Arbeitsmitteln an stationären Arbeitsplätzen ergänzt (vgl. dazu ausführlich Wiebauer, NZA 2017, 220; Kohte/Faber/Feldhoff, a.a.O., Rn 36 ff. zu ArbStättV). Die jüngste Novelle der ArbStättV trat im April 2018 in Kraft und konkretisiert die vorbeugenden Brandschutzmaßnahmen, die im Betrieb vorzunehmen sind.
Rz. 10
Der Begriff "Arbeitsstätte" (vgl. § 2 Abs. 1 ArbStättV) erfasst Arbeitsplätze in Gebäuden oder im Freien, die sich auf dem Gelände eines Betriebes oder auf Baustellen befinden. Zur Arbeitsstätte gehören u.a. auch die innerbetrieblichen Verkehrs- und Fluchtwege, Lager- und Maschinenräume sowie Sozial- und Sanitärräume. Voraussetzung ist, dass es sich um eine Örtlichkeit handelt, an der Beschäftigte ihrer Tätigkeit unter der Obhut des Arbeitgebers nachkommen.
Rz. 11
Die sehr kurze ArbStättV enthält in neun Paragrafen lediglich noch die Begriffsbestimmungen und Grundsätze für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten. Die konkreten Anforderungen an Gebäude und Räume, sowie an das Einrichten und Betreiben von Arbeitsplätzen befinden sich in einem umfangreichen Anhang zu § 3 Abs. 1 ArbStättV. Dort sind neben Vorgaben für Raumgrößen spezielle Anforderungen an Betriebseinrichtungen wie Belüftungs-, Beleuchtungs- oder Energieverteilungsanlagen, Sitz- und Waschgelegenheiten ebenso geregelt, wie Anforderungen an Fenster und Türen, Brandschutz- und Sicherheitseinrichtungen usw. Die Abgrenzung einer Arbeitsstätte von technischen Arbeitsmitteln, für die die Verordnung nicht gilt, kann im Einzelfall schwierig sein.
Rz. 12
Erfasst werden Arbeitsstätten in der Industrie, im Handwerk, Handel und Dienstleistungsgewerbe. Die ArbStättV gilt auch für Arbeitsstätten im nichtgewerblichen Bereich, z.B. für freie Berufe, Landwirtschaft, öffentliche Verwaltung, jedoch nur eingeschränkt für Arbeitsplätze in öffentlichen Verkehrsmitteln und im Marktverkehr; sie gilt hingegen gar nicht für dem BBergG unterliegende Betriebe.
Rz. 13
Der Schutzbereich der Verordnung umfasst alle Beschäftigten, gleich ob es sich um ständige Arbeitnehmer des Arbeitgebers handelt, um Leiharbeitnehmer oder Monteure fremder Unternehmen im Rahmen von Werkverträgen, gleich ob Arbeiter, Angestellte oder Beamte. Inhaltlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, sowohl die Arbeitsstätten nach den Anforderungen der ArbStättV einzurichten als sie auch entsprechend zu betreiben. Bei der allgemeinen Beurteilung der Arbeitsbedingungen (§ 5 ArbSchG) hat der Arbeitgeber zunächst festzustellen, ob die Beschäftigten Gefährdungen beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten ausgesetzt sind oder sein können. Ist dies der Fall, muss eine konkrete Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Entsprechend dem Ergebnis sind die Schutzmaßnahmen gemäß den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihres Anhangs festzulegen. Sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse sind zu berücksichtigen (§ 3 ArbStättV). Aus der Vielzahl der Detailregelungen seien hier nur z.B. der erforderliche Schutz vor Gefährdung durch Tabakrauch (vgl. dazu aber auch das BNichtrSchG), das Erfordernis einer gesundheitlich zuträglichen Raumtemperatur, bestimmte Anforderungen an Lärmschutz und Beleuchtung, die Sauberhaltung der Räume oder die Einrichtung von Liegeräumen für werdende und stillende Mütter genannt.
Rz. 14
Telearbeitsplätze befinden sich im Privatbereich des Arbeitnehmers (vgl. § 2 Abs. 7 ArbStättV) und sind kein Bestandteil der betrieblichen Arbeitsstätte, auf sie finden nur die Vorschriften zur erstmaligen Gefährdungsbeurteilung des Telearbeitsplatzes (§ 3 ArbStättV), zur Unterweisung seitens des Arbeitgebers gem. § 6 ArbStättV und Anhang Nr. 6 Anwendung (vgl. § 1 Abs. 3 ArbStättV). Den Arbeitgeber trifft beispielsweise keine Verpflichtung zur Instandhaltung des Arbeitsplatzes oder zur Einhaltung des Nichtraucherschutzes.
Da Telearbeitsplätze einen festen häuslichen Bezugspunkt erfordern, beziehen sich diese ...