Rz. 206
Die rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel ermöglicht beim Tod eines Gesellschafters den Eintritt von Nachfolgern außerhalb der Erbfolge. Die Nachfolge erfolgt in diesem Fall ohne Rücksicht auf die Erbenstellung des Nachfolgers. Im Hinblick auf das Verbot von Verträgen zu Lasten Dritter ist eine rechtsgeschäftliche Nachfolge nur dann möglich, wenn der Nachfolger am Gesellschaftsvertrag beteiligt war oder der Übernahme der mit dem Anteil verbundenen Rechte und Pflichten in sonstiger Weise zustimmt. Ohne Beteiligung des Nachfolgers ist eine rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel unwirksam und kann ggf. in eine Eintrittsklausel umgedeutet werden.
Rz. 207
Die rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel unterscheidet sich von der Eintrittsklausel und der erbrechtlichen Nachfolgeklausel wie folgt:
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Anders als bei der Eintrittsklausel wird durch die rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel nicht nur ein Eintrittsrecht begründet, vielmehr geht der Gesellschaftsanteil mit dem Erbfall unmittelbar und mit dinglicher Wirkung auf den Nachfolger über. |
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Anders als bei der Nachfolgeklausel erfolgt die Übertragung des Gesellschaftsanteils nicht aufgrund Erbrechts, sondern aufgrund eines Rechtsgeschäfts zu Lebzeiten, das mit dem Tod des Erblassers vollzogen wird. |
Muster 23.18: Rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel
Muster 23.18: Rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel
Bei Tod des Gesellschafters _________________________ geht dessen Beteiligung (einschließlich des damit verbundenen Kapitalanteils sowie aller Forderungen und Verbindlichkeiten) vereinbarungsgemäß auf _________________________ über. Der Übergang erfolgt unmittelbar und automatisch mit dem Tod des Gesellschafters, ohne dass es dazu einer weiteren Erklärung bedarf. _________________________ stimmt der Nachfolgeregelung bereits heute in vollem Umfang und vorbehaltlos zu.
Rz. 208
Bei der rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel geht der Gesellschaftsanteil außerhalb des Nachlasses auf den Unternehmensnachfolger über. Erbrechtliche Ausgleichsansprüche weichender Erben bestehen demnach nicht. Allerdings können Pflichtteilsergänzungsansprüche (§§ 2325 ff. BGB) gegen den Erben und ersatzweise auch gegen den Nachfolger geltend gemacht werden. Die Zehn-Jahres-Frist beginnt dabei nicht schon mit Vereinbarung der rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel, sondern erst mit dem Tod des Erblassers zu laufen.
Rz. 209
Das Ausscheiden des Gesellschafters und das Eintreten des neuen Gesellschafters sind von sämtlichen verbleibenden Gesellschaftern, allen Erben und von dem eintretenden Gesellschafter zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§§ 107 ff. HGB). Die Erbfolge ist in öffentlich beglaubigter Form nachzuweisen (§ 12 Abs. 1 Satz 5 HGB).
Rz. 210
Ein Vorteil der rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel besteht darin, dass es zu einer klaren Trennung von Erbrecht und Gesellschaftsrecht kommt. Der Erblasser kann auf diese Weise den Gesellschaftsanteil auch auf einen Nichterben übertragen. Eine Kollision zwischen erbrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Nachfolgereglung ist nicht möglich.
Rz. 211
Der Nachfolger hat dementsprechend auch nicht das handelsrechtliche Wahlrecht, die Umwandlung der Gesellschafterstellung in die eines Kommanditisten verlangen zu können (ab 1.1.2024: § 131 HGB n.F., zuvor: § 139 HGB a.F.). Dieses steht nur dem Erben zu.
Rz. 212
Die rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel kann insbesondere dann eine interessante Gestaltung sein, wenn der Erblasser seine Verfügung von Todes wegen nicht mehr ändern kann (z.B. aufgrund einer bindend gewordenen Erbeinsetzung in einem Erbvertrag oder einem gemeinschaftlichen Testament) und nunmehr eine andere Person als Unternehmensnachfolger bestimmen möchte. Die erbrechtliche Bindungswirkung kann der Erblasser durch eine rechtsgeschäftliche Regelung der Nachfolge faktisch umgehen.
Rz. 213
Bei der rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel ist der Nachfolger nicht nur (wie bei der Eintrittsklausel) berechtigt, sondern auch verpflichtet, den Gesellschaftsanteil zu übernehmen. Dies bedeutet für den Erblasser eine gewisse Planungssicherheit.
Rz. 214
Die mit der rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel verbundene Bindung kann sich aber auch als Nachteil erweisen. Denn nicht nur der Nachfolger, sondern auch der Erblasser selbst ist an die Vereinbarung gebunden. Eine spätere Änderung der Nachfolgeregelung ist daher grundsätzlich nur mit Zustimmung des Nachfolgers und der anderen Gesellschafter möglich. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der Erblasser das Recht zum Rücktritt oder zur Anpassung vertraglich vorbehalten hat.