Dr. Michael Bonefeld, Katrin Heindl
Rz. 151
In der Praxis am häufigsten werden die Vorschriften der §§ 1629, 1824 BGB übersehen, denn häufig sind die gesetzlichen Vertreter von der Vertretung ausgeschlossen. Der Gesetzgeber will unbedingt Interessenkonflikte auf Seiten der Eltern bzw. der gesetzlichen Vertreter vermeiden. Deshalb muss von Seiten des Gerichts dann ein Ergänzungspfleger bestellt werden.
§ 1824 BGB n.F. (Ausschluss der Vertretungsmacht) lautet:
Zitat
(1) Der Betreuer kann den Betreuten nicht vertreten:
1. bei einem Rechtsgeschäft zwischen seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Betreuten andererseits, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht,
2. bei einem Rechtsgeschäft, das die Übertragung oder Belastung einer durch Pfandrecht, Hypothek, Schiffshypothek oder Bürgschaft gesicherten Forderung des Betreuten gegen den Betreuer oder die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit zum Gegenstand hat oder die Verpflichtung des Betreuten zu einer solchen Übertragung, Belastung, Aufhebung oder Minderung begründet,
3. bei einem Rechtsstreit zwischen den in Nummer 1 bezeichneten Personen sowie bei einem Rechtsstreit über eine Angelegenheit der in Nummer 2 bezeichneten Art.
(2) § 181 bleibt unberührt.
Statt Betreuer muss die Vorschrift wegen des Verweises aus § 1629 BGB mit "Eltern" gelesen werden.
Demzufolge kann also eine Mutter ihr Kind nicht bei einem Vertrag mit dem leiblichen Vater vertreten:
Beispiel
Der Großvater will mit seinen Enkeln eine gewerblich geprägte GmbH & Co KG zur Verwaltung der Immobilien gründen.
Bei einem Vertrag mit dem Onkel könnte dies wiederum möglich sein, weil dieser nicht in gerader Linie mit seinen Neffen verwandt ist. Allerdings muss hier unbedingt auch § 1824 Abs. 2 BGB beachtet werden.
§ 1824 Abs. 2 BGB verweist dabei auf § 181 BGB. Diese Vorschrift ist meist nur als Verbot des Insichgeschäfts bekannt. Dies ist aber falsch, vielmehr unterliegen Eltern auch einem Mehrfachvertretungsverbot.
Ein Verstoß gegen §§ 1629, 1824, 181 BGB liegt vor, wenn der Vertreter im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen (Selbstkontrahieren) oder der Vertreter im Namen des Vertretenen mit sich als Vertreter eines Dritten (Mehrvertretung) ein Geschäft eingeht.
Beispiele
Ein gesetzlicher Vertreter beteiligt sich selbst an der Gründung der Gesellschaft (dann handelt er zweifach, im eigenen und fremden Namen → § 181 1. Alt BGB)
Ein gesetzlicher Vertreter vertritt mehrere Kinder bei Gesellschaftsgründung (dann Mehrfachvertretung, § 181 2. Alt BGB). Ein Kind allein könnte er aber vertreten, aber ggf. Entziehung der Vertretungsmacht über §§ 1629 Abs. 2, 1789 BGB n.F.!
In der Praxis ist zur Vermeidung von Vertretungsverboten auf Kleinigkeiten zu achten. So wird bspw. ein Elternteil nicht auf beiden Seiten tätig, wenn er den Vertrag entweder als Erwerber oder Veräußerer zugleich im eigenen Namen und Namens eines Dritten abschließt. Bei dieser Konstellation werden dann parallele und nicht gegenläufige Willenserklärungen abgegeben. Der Vertreter handelt somit nur auf einer Vertragsseite.
Beispiel
Zwar könnte die Mutter ihre beiden Söhne bei einem Vertrag mit dem Onkel nach § 1824 Abs. 1 BGB vertreten, wenn jedoch kein Parallelgeschäft vorgenommen wird, und die Mutter gleichzeitig für die beiden Söhne beim Vertragsabschluss handelt, wäre der Vertrag zunächst unwirksam (bis zur Genehmigung durch den Ergänzungspfleger).
Rz. 152
Ein weiterer sehr streitbehafteter Bereich ist die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an Minderjährige. Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist grundsätzlich mit Haftungsgefahren bzw. sonstigen Pflichten verbunden und deshalb nicht lediglich vorteilhaft. So ist natürlich eine Zuwendung eines mit persönlicher Haftung verbundenen Gesellschaftsanteils (z.B. an einer BGB-Gesellschaft) rechtlich nachteilig.
Lediglich rechtlich vorteilhaft kann die Übertragung von voll eingezahlten Aktien sein
Als Zwischenergebnis kann somit konstatiert werden, dass im Regelfall der Minderjährige im unternehmerischen und gesellschaftsrechtlichen Bereich nicht selbst handeln kann, weil grundsätzlich das Rechtsgeschäft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft für ihn ist.
Als weiteren Punkt – neben der Möglichkeit, dass er auch nicht von seinen Eltern vertreten werden kann – ist nun auch die Frage nach der Genehmigungspflichtigkeit der Rechtsgeschäfte durch das Familiengericht zu prüfen.