Dr. iur. Artur-Konrad Wypych
Rz. 38
Grundsätzlich sind für Arbeitszeiten weiblicher Beschäftigter die gleichen Regelungen maßgebend wie für männliche, im Wesentlichen also das ArbZG (vgl. oben Rdn 8 ff.). Dies ist der Fall, seitdem 1994 das ArbZG die AZO ersetzt hat, die noch unterschiedliche Arbeitszeitregelungen enthielt, so z.B. das Nachtarbeitsverbot für Frauen. Gemäß der EU-RL zur Verwirklichung der Gleichbehandlung (76/207 EWG) war der Gesetzgeber bereits seit 1976 zu einer Angleichung verpflichtet.
Rz. 39
Das Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (MuSchG) regelt in den §§ 3–8 MuSchG den arbeitszeitrechtlichen Gesundheitsschutz für werdende und stillende Mütter. Grundsätzlich besteht ein branchenunabhängiges Nachtarbeitsverbot (20.00 bis 6.00 Uhr), das aber im Zuge der Reform des MuSchG 2018 eine Lockerung erfahren hat. Gem. § 5 Abs. 1 S. 2 MuSchG dürfen Frauen auf ausdrücklichen – jederzeit widerrufbaren – Wunsch und nach behördlicher Genehmigung Nachtarbeit bis 22.00 Uhr leisten, wenn nach ärztlichem Zeugnis nichts gegen die verlängerte Beschäftigung spricht und die Frau ihren Arbeitsplatz jederzeit verlassen oder Hilfe erreichen kann. Während der behördlichen Prüfung des Antrages gem. § 28 MuSchG kann die Frau weiterbeschäftigt werden. Sollte der Antrag nicht innerhalb von sechs Wochen abgelehnt werden, gilt er als genehmigt (vgl. dazu ausführlich Karb, öAT 2018, 8).
Rz. 40
Ebenso wenig darf der Arbeitgeber von diesen Personen die Leistung von Mehrarbeit fordern, worunter das MuSchG Arbeitszeit
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über 8 Stunden täglich oder 80 Stunden in der Doppelwoche bei Frauen unter 18 Jahren, |
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von mehr als 8 ½ Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche für alle übrigen Frauen |
versteht. Der Begriff "Doppelwoche" schließt die Sonntage mit ein. Das allgemeine Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers bei Überschreitung der gesetzlich zulässigen Arbeitszeit gilt hier entsprechend.
Rz. 41
Daneben ist die Beschäftigungsmöglichkeit an Sonn- und Feiertagen im Rahmen der Novellierung 2018 erweitert worden und nunmehr unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 2 MuSchG möglich. Im Gegensatz zur Nachtarbeit muss der Arbeitgeber hier kein behördliches Verfahren einleiten, gem. § 27 Abs. 1 Nr. 2b MuSchG besteht lediglich eine Meldepflicht bei der zuständigen Aufsichtsbehörde. Die Sonn- und Feiertagsarbeit fällt jedoch weiterhin unter den Branchenvorbehalt des § 10 ArbZG und gilt nur für bestimmte Tätigkeitsbereiche, z.B. Verkehr, Gastronomie, Krankenpflege, und ist nur dann zulässig, wenn in der Woche eine 24-stündige Ruhezeit im Anschluss an eine Nachtruhe gewährt wird.
Rz. 42
In Heimarbeitsverhältnissen gibt es eine Beschränkung der Arbeitsmenge auf eine entsprechende, angemessene Arbeitszeit (§ 8 MuSchG). Die Aufsichtsbehörde kann jedoch im Einzelfall Ausnahmen von diesen Beschränkungen zulassen.
Rz. 43
Stillenden Müttern ist – jedoch nur auf Verlangen – die dafür erforderliche Pausenzeit zu gewähren, die mindestens zweimal täglich 30 Minuten oder einmal 60 Minuten betragen soll. Diese darf nicht auf die Pausenzeiten gem. ArbZG angerechnet werden, ein Verdienstausfall darf dadurch ebenfalls nicht eintreten. Daneben ist auf die Verpflichtung des Arbeitgebers hinzuweisen, für werdende und stillende Mütter Liegeräume einzurichten (ASR A4.2).
Rz. 44
Ganz allgemein dürfen Schwangere nicht beschäftigt werden, soweit durch die Fortdauer der Beschäftigung nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet ist. Das Bestehen einer objektiven Gefährdung allein reicht dafür nicht aus, eine ausdrückliche ärztliche Bestätigung muss konstitutiv hinzukommen. Liegt diese vor, kann die Zustimmung der Betroffenen das Beschäftigungsverbot nicht aufheben. Die ärztliche Bescheinigung muss allerdings nachvollziehbar mit den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen am Arbeitsplatz begründet sein. Der Arbeitgeber ist berechtigt, Umstände darzulegen, die ungeachtet der medizinischen Bewertung den Schluss zulassen, dass ein Beschäftigungsverbot auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen beruht, und kann darauf gestützt eine erneute medizinische Begutachtung fordern (BAG v. 7.11.2007 – 5 AZR 883/06). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind die Voraussetzungen eines solchen Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 1 MuSchG auch dann gegeben, wenn durch die Fortdauer der Beschäftigung verursachter oder verstärkter psychischer Stress der Arbeitnehmerin zu diesen Folgen führen kann (BAG v. 21.3.2001 – 5 AZR 352/99). Nach Ansicht des BAG kommt es für das Beschäftigungsverbot des § 3 Abs. 1 MuSchG nicht darauf an, ob vom Arbeitsplatz, d.h. von der konkreten Beschäftigung, Gefahren für Schwangere im Allgemeinen ausgehen. In deutlicher Erweiterung der früheren Rechtsprechung betont das BAG, dass allein der individuelle Gesundheitszustand der jeweils betroffenen Arbeitnehmerin maßgeblich ist. Wenn die Fortsetzung der Arbeit Mutter oder Kind gefährdet, kommt es nicht mehr darauf an, auf welcher Ursache diese Gefährdung beruht. Konkrete, nachweisb...