Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 214
Der Eigentumsvorbehalt ist die Übereignung einer beweglichen Sache unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung des Kaufpreises nach §§ 929, 158 Abs. 1 BGB. Der Eigentumsvorbehalt an unbeweglichen Sachen ist wegen der Frist- und Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung nicht möglich.
Der Eigentumsvorbehalt wird durch das Abstraktionsprinzip möglich, da nicht schon das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, sondern erst das sachenrechtliche Verfügungsgeschäft (die vom Kauf zu unterscheidende Übereignung) den Eigentumswechsel bewirkt. Durch den Eigentumsvorbehalt wird die Wirksamkeit der dinglichen Rechtsübertragung an die Erfüllung schuldrechtlicher Pflichten gebunden.
Mit dem Eigentumsvorbehalt sichert sich der Verkäufer einer Ware das Eigentum an der Sache bis zur vollständigen Erfüllung der Kaufpreisforderung. Der Käufer der Sache erwirbt durch die Lieferung der Sache noch nicht das Eigentum, aber ein Anwartschaftsrecht. Es ist ein wesensgleiches Minus ggü. dem Eigentum und berechtigt zum Besitz der Sache. Ist der Kaufpreis vollständig entrichtet, erstarkt das Anwartschaftsrecht automatisch zum Eigentum. Anderenfalls erlischt auch das Anwartschaftsrecht.
Rz. 215
Der Eigentumsvorbehalt ist Mittel der Kreditsicherung v.a. beim Lieferantenkredit. Der Verkäufer gewährt dem Käufer einen Kredit dadurch, dass er auf die sofortige Zahlung des Kaufpreises verzichtet. Gleichwohl übergibt er die Ware schon an den Käufer, allerdings unter Eigentumsvorbehalt. Wenn der Käufer die noch ausstehende restliche Kaufpreisforderung nicht wie vereinbart bezahlt, kann der Verkäufer, der noch immer Eigentümer der Ware ist, die Ware zurückverlangen. Problematisch wird der (einfache) Eigentumsvorbehalt aus Sicht des Verkäufers immer dann, wenn der Käufer die erworbene Ware weiter an einen gutgläubigen Dritten veräußert oder weiterverarbeitet. In diesem Fall erlischt das Eigentumsrecht des Verkäufers. Hiergegen versucht sich der Verkäufer mit dem sog. verlängerten Eigentumsvorbehalt zu schützen.
Rz. 216
Durch den verlängerten Eigentumsvorbehalt versucht der Verkäufer seine Eigentumsposition an der verkauften Ware auch nach einem Weiterverkauf oder nach einer Verarbeitung der Ware durch den Käufer weiterhin aufrechtzuerhalten. Der Verkäufer vereinbart mit dem Käufer die Sicherungsabtretung der künftigen Kaufpreisforderungen aus dem Weiterkauf der Ware sowie ggf. die Sicherungsübereignung der Sache mit der die Ware verarbeitet wurde. Dabei können Konflikte mit einer sicherungshalber vorgenommenen Abtretung sämtlicher Forderungen eines Unternehmers an ein Kreditinstitut (Globalzession) entstehen.
Rz. 217
Als Kontokorrentvorbehalt oder erweiterter Eigentumsvorbehalt ist der unter der Bedingung der Erfüllung sämtlicher noch offener Forderungen ggü. dem unter Vorbehalt Veräußernden stehende Eigentumserwerb zu verstehen. Die zu erfüllenden Forderungen dürfen nur beim Veräußerer bestehen.
Rz. 218
Eine Pfändung der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sache ist unzulässig, da der Verkäufer noch Eigentümer ist. Der Verkäufer kann mit der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO gegen die Pfändung vorgehen. Bei Insolvenz des Käufers steht dem Verkäufer als Eigentümer ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zu. Er kann vom Insolvenzverwalter die Herausgabe der Sache verlangen (anders, wenn sich der Insolvenzverwalter nach § 103 Abs. 2 InsO für die Erfüllung des Kaufvertrages entscheidet). Durch die Rücknahme der Sache stellt sich der Verkäufer regelmäßig besser als wenn er seinen Kaufpreisanspruch i.R.d. Insolvenz weiterverfolgt. Diese schuldrechtliche Forderung wird lediglich mit der Insolvenzquote berücksichtigt.