Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 17
Von zentraler Bedeutung für die Finanzierung ist daher die Bonitätsbewertung des Unternehmens.
Ausgangspunkt für die Banken sind dabei die für Kreditinstitute geltenden Eigenkapitalvorschriften. Zum einen hängt die erforderliche Eigenkapitalunterlage eines Kreditinstituts direkt mit dem Risiko des entsprechenden Kreditnehmers zusammen, das die Kreditinstitute zu berücksichtigen hat. Zum anderen führt genau diese Notwendigkeit im Idealfall zu einer der jeweiligen Kreditvergabe angemessenen Überprüfung des Kreditnehmers. Gerade im Hinblick auf die Versäumnisse in der Vergangenheit wird hier von den Kreditinstituten größere Sorgfalt erwartet. Kehrseite ist im Zweifel die zu beobachtende restriktive Kreditvergabepolitik der Banken.
1. Regulatorisches Umfeld
Rz. 18
Banken und Kreditinstitute sind über die Vorgaben des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht verpflichtet, ihren Eigenkapitalbedarf im Verhältnis zu den risikogewichteten Aktiven zu bestimmen. Die Vorschriften des Ausschusses binden die Banken nicht unmittelbar. Die Umsetzung erfolgt durch nationales bzw. supranationales Recht (in der EU durch die sog. Capital Requirements Directive). Die Pflicht zur Anpassung des Eigenkapitals – insb. – an das Ausfallrisiko von Kreditnehmern, führt dazu, dass die Banken ihre Kreditentscheidung und die Finanzierungskonditionen von der Bonität des Antragsstellers abhängig machen. Diese Bonitätsprüfung stellt für viele kleine und mittelständische Unternehmen zunächst sicherlich eine Hürde dar, kann jedoch durch eine aktive Auseinandersetzung mit Fragen der Finanzierung dazu genutzt werden, bei Verhandlungen um Konditionen gut abzuschneiden. Unternehmen, die bei Entscheidungen über Investitionen und Finanzierung auch die Auswirkungen auf die Bonität konsequent im Auge behalten, sichern sich damit günstigere Finanzierungskonditionen.
Rz. 19
Aktuell sind Banken und Kreditinstitute über internationale Bankenstandards des Baseler Ausschusses für Internationalen Zahlungsausgleich, die als Basel Abkommen bekannt sind, verpflichtet, bestimmte Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen einzuhalten. Durch das jetzige Abkommen sollten die vorherigen Vorgaben des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht ("Basel II"), wonach Banken und Kreditinstitute verpflichtet wurden, ihren Eigenkapitalbedarf im Verhältnis zu den risikogewichteten Aktiven (Tier-1) zu bestimmen, qualitativ verbessert werden. Die auf Basel II folgenden Entwicklungsstufe des Abkommens ("Basel III") hat 14 Kriterien für das harte Kernkapital aufgestellt. Zu den wichtigsten Kriterien gehören, dass (i) das Kapitalinstrument den nachrangigsten Anspruch im Liquidationsfall des Instituts darstellen muss, (ii) es unbefristet zu überlassen ist und (iii) nur im Fall der Liquidation zurückgezahlt wird (es bleibt aber im Ermessen des Instituts Rückkäufe vorzunehmen). Das Institut darf außerdem zum Zeitpunkt der Emission nicht in Aussicht stellen, dass das Instrument zurückgekauft, getilgt oder gekündigt wird. Die Gesamtkapitalquote bleibt zwar bei 8 %, aber deren Zusammensetzung wird deutlich verschärft: Um die Mindesteigenmittelanforderung von 8 % einzuhalten, kann ein Institut bis zu 2 % Ergänzungskapital (Tier-2) nutzen. Drittrangmittel (Tier-3) wurden abgeschafft. Zusätzlich müssen die Institute einen bestimmten Kapitalerhaltungspuffer aus hartem Kernkapital aufbauen.
Weiterhin müssen Banken bestimmte Liquiditätsanforderungen einhalten. Neben einem kurzfristig ausgerichteten Stressteststandard (Liquidity Coverage Ratio), der gewährleisten soll, dass ein ausreichend großer Bestand an liquiden Aktiva zur Verfügung steht, wurde ein langfristig orientierter Refinanzierungsstandard (Net Stable Funding Ratio), dessen Ziel die Vermeidung längerfristiger struktureller Liquiditätsinkongruenzen ist, umgesetzt.
Ferner wurde ein Leverage Ratio eingeführt, um die Verschuldung im Bankensystem einzuschränken.
"Basel III" enthält zudem umfangreiche Vorgaben hinsichtlich der Eigenmittelanforderungen zur Reduzierung des Kontrahentenausfallrisikos. Die Vorgaben befinden sich in einem ständigen Fortentwicklungsprozess. So hat der Baseler Ausschuss im Dezember 2017 die Finalisierung von Basel III ("Basel IV") verabschiedet. Die ursprünglich für das Jahr 2022 geplante Einführung des Reformpakets mit einer Übergangsfrist bis 2027 wurde v.a. aufgrund der Covid-19-Pandemie verschoben. Am 27.6.2023 erzielten EU-Kommission, -Parlament und -Rat vorläufig eine Einigung im sog. Trilogverfahren über die neuen Regelungen. Das Reformpaket sieht vor allem Veränderungen auf Ebene der risikogewichteten Aktiva (RWA) vor. Für Kreditinstitute in der EU gelten voraussichtlich ab Januar 2025 umfassende neue Vorschriften zur Ermittlung der RWA. Als zentrales Element des neuen Reformpakets begrenzt der Output Floor die von den Banken auf der Basis interner Modelle ermittelten RWA auf einen Mindestprozentsatz von 72,5 % der nach Standardansätzen kalkulierten Kapitalanforderung. Das Reformpaket umfasst einen robusteren und risikosensitiveren S...