Rz. 31
Nach geltender Rechtslage – de lege lata – besteht keine gesetzliche Pflicht zum Abschluss einer D&O-Versicherung.[111] Der Vorstand hat einen weiten Ermessensspielraum bei der Frage, ob er eine D&O-Versicherung abschließt oder nicht. Die D&O-Versicherung ist – nach wie vor – eine freiwillige Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung. Die Frage, ob ein Anspruch des Vorstandsmitglieds darauf besteht, dass die Gesellschaft eine Haftpflichtversicherung zu seinen Gunsten zumindest dann abschließt, wenn ihm keine eigenen Versicherungsmöglichkeiten offen stehen und die Versicherungsprämien von ihm selbst getragen werden, ist noch nicht von der Rechtsprechung geklärt (im Ergebnis aber wohl zu verneinen).[112] Eine Verpflichtung zur Verschaffung von D&O-Versicherungsschutz folgt auch nicht aus § 618 BGB[113] und nicht aus § 91 Abs. 2 AktG.[114] Vorstandsmitgliedern wäre daher aber zu empfehlen, in ihrem Anstellungsvertrag auf eine "D&O-Versicherungs-Verschaffungsklausel" zu pochen.[115] Dies geschieht in der Praxis bisher noch selten. Vgl. zu etwaigen Nebenpflichten aus dem Anstellungsvertrag auf Auskunftserteilung gegenüber der versicherten Person zum Versicherungsschutz.[116]
Beispiel
Im Oktober 2004 traten die Vorstände der Heidelberger "Lion Bioscience" von ihren Ämtern zurück, da das Unternehmen nicht bereit war, die Prämien zur Verlängerung der D&O-Versicherung zu tragen.[117]
Rz. 32
De lege ferenda wurde zwar in den früheren Jahren der D&O-Versicherung zunächst auch über die Einführung einer Pflichtversicherung – wenngleich in Deutschland nicht ernsthaft – nachgedacht, zumindest für große, börsennotierte Unternehmen. Die Regierungskommission Corporate Governance hatte sich allerdings bereits im Jahre 2002 gegen die Einführung einer D&O-Versicherungspflicht ausgesprochen.[118] Der Gesetzgeber hat – auch bei der großen VVG-Reform zum 1.1.2008 – daran nichts ändern wollen und weder in einem Gesetz noch in einer Rechtsverordnung noch in einer Satzung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft etwas Entsprechendes geregelt (vgl. zur Legaldefinition einer Pflichtversicherung nunmehr § 113 VVG). Auch mit der jüngeren Änderung des § 93 Abs. 2 S. 3 AktG sollte keine generelle Pflicht zum Abschluss einer solchen Versicherung verbunden sein.[119]
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