Herbert Krumscheid, Sascha Borowski
Rz. 10
Auch Versicherungsprodukte haben teilweise den Charakter von Kapitalanlagen und werden häufig zu Kapitalanlagezwecken eingesetzt; namentlich gilt dies für kapitalbildende Lebens- oder Rentenversicherungen.
Für den Abschluss von Versicherungsverträgen gelten zunächst die sich aus § 6 bzw. §§ 61 ff. VVG ergebenden Beratungspflichten für Versicherer und deren Vermittler.
Durch die kurz vor dem Inkrafttreten des neuen VVG in Umsetzung der Vermittlerrichtlinie eingeführten Regelungen über Beratungs- und Dokumentationspflichten für Versicherungsvermittler (§§ 42 a-k VVG 1908) wurden Beratungs- und Dokumentationspflichten und die Folgen von deren Verletzung für Versicherungsvermittler gesetzlich normiert, durch die am 1.1.2008 in Kraft getretene VVG 2008 normierte Beratungspflicht des Versicherers (§ 6 VVG 2008) ergänzt wurde. Flankiert werden diese Vorschriften durch die Informationspflicht des Versicherers nach § 7 VVG und die VVG Informationspflichten Verordnung (VVG-InfoV), nach der der Versicherer verpflichtet ist, dem Versicherungsnehmer, soweit er ein Verbraucher i.S.d. § 13 BGB ist, vor Abschluss seiner Vertragserklärung bestimmte Informationen in Textform zur Verfügung zu stellen.
Nach § 6 VVG hat der Versicherer den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch zur Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien zu beraten, sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben und dies unter Berücksichtigung des angebotenen Versicherungsvertrages zu dokumentieren. Der Rat und die Gründe hierfür sind vor dem Abschluss des Vertrages klar und verständlich in Textform zu übermitteln. Sie dürfen dann mündlich übermittelt werden, wenn der Versicherungsnehmer dies wünscht oder sofortige Deckung gewährt; in diesen Fällen sind – mit Ausnahme der vorläufigen Deckung in der Pflichtversicherung – die Angaben in Textform unverzüglich zu übermitteln, wenn der Versicherungsvertrag zustande kommt.
Gem. § 6 Abs. 3 VVG kann der Versicherungsnehmer auf die Beratung und Dokumentation durch gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, wenn er vom Versicherer darauf hingewiesen wurde, dass sich dies nachteilig auf die Möglichkeit auswirkt, einen Schadensersatzanspruch gegen den Versicherer geltend zu machen. Gem. § 6 Abs. 4 VVG bleibt die Beratungspflicht des Versicherers während der Laufzeit des Vertrages bestehen, wenn für ihn ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung erkennbar wird. Die vorstehend dargestellten Beratungspflichten bestehen nicht bei Versicherungsverträgen über Großrisiken (vgl. § 219 VVG), bei der Vermittlung eines Vertrages durch einen Versicherungsmakler oder wenn es sich um einen Fernabsatzvertrag gem. § 312c Abs. 1 und 2 BGB handelt.
Über die in § 6 VVG normierte Beratungspflicht, die sich auf die Erlangung bedarfsgerechten Versicherungsschutzes bezieht, können sich weitergehende Hinweise und Informationspflichten aus § 242 BGB ergeben, so insbesondere dann, wenn dem Versicherer ein konkretes Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers erkennbar wird.
Die §§ 61 und 62 VVG legen einem Versicherungsvermittler ähnliche Beratungspflichten auf. Versicherungsvermittler sind dabei gem. § 59 Abs. 1 VVG in gleicher Weise Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler. Während der Versicherungsvertreter im Interesse des Versicherers tätig wird, ist der Versicherungsmakler im Interesse des Versicherungsnehmers tätig. Der Versicherungsmakler ist aufgrund des mit dem Versicherungsnehmer abgeschlossenen Maklervertrages verpflichtet, den für seinen Kunden günstigsten und passendsten Versicherungsschutz zu finden, unabhängig davon, dass er seine Vergütung im Regelfall in Form einer Provision vom Versicherer erhält.
Wird eine Lebensversicherung hingegen von einer Bank aufgrund eines Beratungsgesprächs empfohlen, so ist die beratende Bank verpflichtet, die von Versicherungsgesellschaft gezahlte Vermittlungsprovision offenzulegen.
Im Regelfall hat der Versicherungsmakler den Versicherungsnehmer auch noch nach Abschluss eines Versicherungsvertrages zu betreuen z.B. bei entstehenden Änderungsbedarf, eventuell erforderlich werdenden Vertragsverlängerungen, Schadensanzeigen u.Ä. Darüber hinaus werden von dem Vermittlerbegriff der §§ 59 ff. VVG auch Versicherungsberater erfasst. Diese werden in § 59 Abs. 3 VVG definiert als Personen, die gewerbsmäßig bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen oder bei der Wahrnehmung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen im Versicherungsfall berät oder gegenüber dem Versicherer außergerichtlich vertritt, ohne von einem Versicherer einen wirtschaftlichen Vorteil zu erhalten, oder in anderer Weise von ihm abhängig zu sein. Der Versicherun...