Rz. 376
Eine schädliche Nutzungsüberlassung an Dritte ist z.B. nicht anzunehmen, wenn der Erblasser/Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte.
Dasselbe gilt, wenn er als Mitunternehmer (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 bzw. § 18 Abs. 4 EStG) den Vermögensgegenstand (Grundstück oder grundstücksgleiches Recht) der (seiner) Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte (Sonderbetriebsvermögen) und sowohl die Mitunternehmerstellung als auch das Nutzungsüberlassungsverhältnis auf den Erwerber übergehen. Voraussetzung ist hierbei allerdings, dass (seitens des nutzenden Unternehmens/der nutzenden Mitunternehmerschaft) keine weitere Nutzungsüberlassung an einen Dritten erfolgt.
Rz. 377
Die erste Alternative (Durchsetzung eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens) zielt in erster Linie auf die Fälle ab, die ertragsteuerlich als Betriebsaufspaltungen zu qualifizieren sind. Bei der sog. echten Betriebsaufspaltung überlässt ein Gesellschafter wesentliche Betriebsgrundlagen an eine (seine) Kapitalgesellschaft. Dies führt zu einer sog. sachlichen Verflechtung. Die Möglichkeit, auch in der Kapitalgesellschaft einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen, z.B. als Mehrheitsgesellschafter, hat eine sog. personelle Verflechtung zur Folge.
Einfach zu beurteilen sind insoweit regelmäßig die Fälle, in denen die natürliche Person allein die Kapitalgesellschaft beherrscht. Daneben sind jedoch auch Gestaltungen denkbar, in denen – sowohl im sog. Besitz- als auch im Betriebsunternehmen – die Beherrschung durch eine Gruppe von Gesellschaftern mit gleichgerichteten Interessen erfolgt (Personengruppentheorie). Auch diese Gestaltungen sind ertragsteuerlich als Betriebsaufspaltungen zu qualifizieren.
Rz. 378
Die (beherrschende) Rechtsstellung des Erblassers/Schenkers muss im Rahmen der Übertragung auf den Erwerber übergehen. Er muss also sowohl in das Besitz- als auch in das Betriebsunternehmen eintreten und dort entweder den Erblasser/Schenker vollständig ersetzen oder doch wenigstens gemeinsam mit ihm einer beherrschenden Personengruppe bilden oder einer solchen angehören. Die personelle Verflechtung darf durch den Übertragungsvorgang nicht beeinträchtigt werden oder gar wegfallen. Hierauf ist insbesondere auch beim Vorbehalt bzw. bei der Einräumung von Nutzungsrechten bzw. bei der Ausgestaltung derselben zu achten.
Rz. 379
Die zweite Alternative von § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. a ErbStG zielt in erster Linie auf das ertragsteuerliche Sonderbetriebsvermögen ab. Die Ausnahme vom Verwaltungsvermögen gilt für denjenigen Dritten überlassenen Grundbesitz, den der Erblasser/Schenker "als Gesellschafter einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte". Gemeint ist hiermit insbesondere das ertragsteuerliche Sonderbetriebsvermögen I.
Rz. 380
Demzufolge nimmt auch die Finanzverwaltung an, dass Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft, das von diesem der Gesellschaft überlassen wird, kein Verwaltungsvermögen darstellt, soweit die Personengesellschaft das Grundstück unmittelbar nutzt. Die Privilegierung kann also dann als sicher gelten, wenn die ertragsteuerrechtlichen Voraussetzungen des Sonderbetriebsvermögens kumulativ mit der erbschaftsteuerrechtlichen Voraussetzung der Überlassung zur unmittelbaren Nutzung durch die Personengesellschaft zusammentreffen.
Rz. 381
Entscheidend für die Ausnahme vom Verwaltungsvermögen ist auch hier, dass die Rechtsstellung als Grundstückseigentümer sowie als Gesellschafter der nutzenden Personengesellschaft (Mitunternehmer) vom Erblasser/Schenker im Rahmen des Übertragungsvorgangs auf den Erwerber übergehen muss. Dieser muss also nach erfolgter Übertragung sowohl Gesellschafter sein als auch der Gesellschaft den in Rede stehenden Grundbesitz zur Nutzung überlassen.