Rz. 197

Grundsätzlich berechnet sich die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer (wie jede andere Steuer auch) nach der allgemeinen Formel: "Bemessungsgrundlage x Steuersatz". Um diese Formal anwenden zu können, muss also zunächst die Bemessungsgrundlage bestimmt werden. §§ 18 ErbStG behandeln die Frage, ob und inwieweit überhaupt ein steuerpflichtiger Vorgang vorliegt. Soweit dies der Fall ist, gibt § 10 ErbStG vor, welche Vermögensgegenstände und Schulden bzw. sonstige Verbindlichkeiten im Rahmen der Steuerberechnung anzusetzen sind. § 11 ErbStG regelt den Bewertungsstichtag[201] und § 12 ErbStG schließlich die Bewertung (im engeren Sinne). Das Ziel der Bewertung besteht darin, den Wert sämtlicher relevanten Aktiva und Passiva in einem Geldbetrag auszudrücken, um diesen der weiteren Steuerberechnung zugrunde zu legen.

 

Rz. 198

Obwohl das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss v. 7.11.2006[202] den Verkehrswert bzw. einen dem Verkehrswert angenäherten Wert als allgemeinen Bewertungsmaßstab vorgegeben hat, hält das Erbschaftsteuerrecht am gemeinen Wert als oberstem Wertmaßstab fest.

 

Rz. 199

Dieser gemeine Wert kann allerdings nicht durchgängig mit dem Verkehrswert gleichgesetzt werden. Denn teilweise steht das dem Erbschaftsteuer- und Bewertungsrecht zugrunde liegende statische Stichtagsprinzip im Widerspruch zu den die zivilrechtliche Betrachtung prägenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit der Bewertung von Unternehmen.

Außerdem sieht das Gesetz selbst aus Vereinfachungs- und Praktikabilitätserwägungen normative Verallgemeinerungen vor, die von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abstrahierende Vorgaben enthalten und so zu Abweichungen vom tatsächlichen Verkehrswert führen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Vorschriften zur Unternehmensbewertung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 199203 BewG) sowie zur Bewertung bebauter Grundstücke im Sachwertverfahren (§ 182 Abs. 4 BewG) oder im Ertragswertverfahren (§ 185 BewG)[203] zu erwähnen.

[201] Vgl. auch R E 12.1 S. 1 ErbStR 2011.
[203] Hier insbesondere die Vorgabe typisierter Bewirtschaftungskosten (§ 187 BewG) und typisierter Liegenschaftszinssätze (§ 188 BewG).

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