Rz. 260
Der Gebäudeertragswert ergibt sich schlussendlich aus dem Gebäudereinertrag multipliziert mit dem Vervielfältiger nach der Anlage 21 zum BewG. Nach § 185 Abs. 3 S. 2 BewG sind maßgebend für den Vervielfältiger der Liegenschaftszinssatz und die Restnutzungsdauer des Gebäudes. Zur Bestimmung der Restnutzungsdauer wird ausgegangen von der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer des Objektes gemäß Anlage 22 zum BewG und dem Baujahr des Gebäudes.
Wirtschaftliche Nutzungsdauer |
für |
Mindest-Restnutzungsdauer (30 v.H. der wirtschaftlichen Nutzungsdauer) |
70 Jahre |
Ein- und Zweifamilienhäuser Mietwohngrundstücke Wohnungseigentum |
21 Jahre |
70 Jahre |
Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke (Wohn- und Gewerbefläche) Veranstaltungsgebäude (Saalbauten) |
21 Jahre |
60 Jahre |
Verwaltungsgebäude Bankgebäude Hotels |
18 Jahre |
50 Jahre |
Kaufhäuser Krankenhäuser Parkhäuser, Tiefgaragen Industriegebäude, Lager |
15 Jahre |
Rz. 261
Soweit nach der Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten sind, die die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes verlängert oder verkürzt haben (z.B. durch umfangreiche Instandhaltungs-/Modernisierungsmaßnahmen oder umgekehrt bei Gebäuden, die den aktuellen Anforderungen nicht mehr gerecht werden), ist von einer der Verlängerung oder Verkürzung entsprechenden Restnutzungsdauer auszugehen. Abgestellt wird hierbei auf durchgreifende Modernisierungsmaßnahmen in den vergangenen 10 Jahren. Ob und wenn ja, welche Maßnahmen zu einer Verlängerung der Restnutzungsdauer führen, wird durch das Gesetz nicht geregelt. Nach den Richtlinien kann die Einordnung aber anhand der folgenden Tabelle vorgenommen werden:
Modernisierungselemente |
Punkte |
Dacherneuerung inkl. Verbesserung der Wärmedämmung |
4 |
Modernisierung der Fenster |
2 |
Modernisierung der Leitungssysteme (Strom, Gas, Wasser, Abwasser) |
2 |
Modernisierung der Heizungsanlage |
2 |
Wärmedämmung der Außenwände |
4 |
Modernisierung von Bädern |
2 |
Modernisierung des Innenausbaus, z.B. Decken, Fußböden, Treppen |
2 |
Wesentliche Verbesserung der Grundrissgestaltung |
2 |
14–16 Punkte: |
überwiegend modernisiert |
≥ 17 Punkte: |
umfassend modernisiert |
Rz. 262
Die Auswirkungen der Modernisierungsmaßnahmen auf die Restnutzungsdauer des Gebäudes hängen von der Gebäudeart und der mit dieser verbundenen üblichen Gesamtnutzungsdauer ab. Die Einzelheiten regelt R B 190.7 Abs. 3 ErbStR 2011 (Tabellen 2 bis 6).
Rz. 263
Nach R B 190.7 Abs. 4 ErbStR 2011 kommt eine Verkürzung der Restnutzungsdauer nur in besonders gelagerten Fällen in Betracht. Erlass und Richtlinien sprechen beispielsweise von Extremfällen wie bestehenden Abbruchverpflichtungen. Baumängel oder Bauschäden könnten hingegen nicht zu einer Verkürzung der Restnutzungsdauer nach Ansicht der Finanzverwaltung führen.
Rz. 264
§ 185 Abs. 3 S. 5 BewG bestimmt allerdings, dass die Restnutzungsdauer eines noch genutzten Gebäudes im Falle der Verkürzung der Gesamtnutzungsdauer noch mindestens 30 % der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer beträgt. Mit dieser Auffangklausel wird dem Umstand Rechnung getragen, dass auch ältere Gebäude grundsätzlich einen Wert haben.