a) Grundsatz
Rz. 72
Vor allem bei in kurzem Zeitabstand begangenen wiederholten Verstößen liegt die Annahme eines beharrlichen Pflichtenverstoßes i.S.d. § 25 Abs. 1 BKatVO nahe, mit der Folge, dass regelmäßig ein Fahrverbot zu verhängen ist (BayObLG DAR 2000, 278; OLG Hamm DAR 2007, 97). Dabei lässt auch ein einfacher Rotlichtverstoß (OLG Bamberg zfs 2014, 412) oder auch ein Handyverstoß (BayObLG DAR 2019, 630) bei entsprechender Voreintragungslage des Betroffenen eine solche Wertung ohne Weiteres zu.
Von Beharrlichkeit wird insbesondere dann auszugehen sein, wenn frühere Verkehrsverstöße bereits mit einem erhöhten Bußgeld belegt worden sind, was jedoch seinerseits nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme von Beharrlichkeit ist (OLG Bamberg DAR 2010, 98).
Rz. 73
Allerdings begründet allein die Tatsache, dass der Betroffene wiederholt wegen eintragungspflichtiger Verletzungen von Verkehrsvorschriften auffällig wurde, noch nicht den Vorwurf der Beharrlichkeit. Der Gesetzgeber hat nämlich ausweislich § 4 Abs. 2 BKatVO bei der Erstellung des Sanktionskataloges Fälle von Wiederholungstaten durchaus gesehen und dennoch die Verhängung eines Fahrverbotes auf die gravierenden Fälle beschränkt (OLG Bamberg DAR 2006, 336; DAR 2008, 48).
Bei der Beurteilung, ob Beharrlichkeit vorliegt, kommt dem Zeitmoment entscheidende Bedeutung zu (OLG Bamberg zfs 2013, 350); es muss sich also um eine sich in kurzen Zeitabständen wiederholende und hartnäckige Verletzung von Verkehrsvorschriften handeln (OLG Düsseldorf NZV 2001, 486; OLG Bamberg NZV 2008, 48; DAR 2011, 399). Deshalb lassen Voreintragungen nicht ohne weitere Begründung auf Beharrlichkeit schließen (OLG Düsseldorf DAR 1999, 82; OLG Bamberg DAR 2006, 514), vor allem dann nicht, wenn sämtliche – drei (OLG Bamberg NZV 2007, 292) oder gar fünf (OLG Bamberg zfs 2008, 470) – Voreintragungen unterhalb der Regelfahrverbotsgrenze lagen (OLG Bamberg DAR 2011, 399) oder eine größere Zeitspanne von z.B. 3 ½ Jahren zwischen der letzten und der erneuten Tat liegt (BayObLG NZV 1993, 118; OLG Bamberg DAR 2008, 152). Von Beharrlichkeit kann auch dann noch keine Rede sein, wenn sich die Verstöße innerhalb eines längeren Zeitraums von 14 Monaten (OLG Düsseldorf NZV 1993, 319) oder auch nur sechs Monaten (OLG Bamberg NZV 2011, 515) ereigneten.
Das gilt erst recht bei einem Zeitraum von fast fünf Jahren (OLG Bamberg zfs 2007, 229; OLG Bamberg DAR 2013, 213) und u.U. selbst dann, wenn es sich im Falle zweier einschlägiger Voreintragungen um eine gravierende Geschwindigkeitsüberschreitung von 59 km/h gehandelt hat, denn selbst bei wiederholten Geschwindigkeitsüberschreitungen müssen die konkreten Tatumstände der Voreintragungen berücksichtigt werden (OLG Jena DAR 1997, 410; OLG Bamberg NZV 2008, 48).
Rz. 74
Beharrlichkeit kann auch nicht mit der zeitlichen Nähe mehrerer Verstöße oder der bloßen Feststellung ihrer Wiederholung (hier drei unmittelbar aufeinander folgende Rotlichtverstöße) bejaht werden. Es ist vielmehr die Feststellung erforderlich, dass sich der Betroffene aus mangelnder Rechtstreue über die Vorschriften hinweggesetzt hat (Thüringer OLG zfs 1999, 124; OLG Bamberg NZV 2007, 534).
Außerdem ist der Vorwurf der Beharrlichkeit bei einer ersten Wiederholungstat dann nicht gerechtfertigt, wenn das Verschulden der früheren Ordnungswidrigkeit gering war, was z.B. daraus geschlossen werden kann, dass eine unter dem Regelsatz liegende Geldbuße verhängt worden war (OLG Düsseldorf DAR 2001, 283).
b) Achtung: Voreintragungen müssen Warneffekt haben
Rz. 75
Hinweis
Von Beharrlichkeit kann nur die Rede sein, wenn die Voreintragungen für den Betroffenen mit einem Warneffekt verbunden waren (OLG Düsseldorf DAR 1996, 65).
Hierfür ist zunächst einmal Voraussetzung, dass, wenn ihm nicht bereits ein Bußgeldbescheid zugestellt worden war (OLG Düsseldorf DAR 1999, 324) ihm zumindest bekannt gewesen sein muss, dass gegen ihn auch wegen der anderen Tat ein Bußgeldverfahren eingeleitet worden ist (OLG Karlsruhe zfs 2005, 428).
Außerdem braucht der Verstoß zwar nicht artgleich zu sein (OLG Köln DAR 2001, 179), es muss aber ein innerer Zusammenhang zwischen den Verstößen bestehen (OLG Celle zfs 2003, 569; OLG Bamberg NZV 2007, 534). Zum Begriff des inneren Zusammenhangs siehe OLG Bamberg (DAR 2012, 152).
Rz. 76
Ein solcher Zusammenhang ist z.B. im Falle eines Rotlichtverstoßes selbst dann noch nicht zwingend zu bejahen, wenn der Betroffene bereits wegen einer Trunkenheitsfahrt und einer gleichzeitig begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung vorbestraft ist (OLG Karlsruhe DAR 1999, 457; so auch OLG Celle DAR 2003, 472).
Selbst eine Vorverurteilung wegen fahrlässiger Tötung begründet zumindest so lange nicht den Vorwurf der Beharrlichkeit, wie nicht ein hoher Unrechtsgehalt auch dieser Vortat festgestellt ist (OLG Düsseldorf DAR 1999, 82).
Schließlich kann ein solcher Warneffekt in der Regel nicht alleine mit dem Hinweis auf Voreintragungen wegen Verstößen gegen die Halterpflichten begründet werden, wenn der Betroffene jetzt als Kraftfahrzeugführer betroffen ist (BayObLG DAR 199...