1. Erneute Überschreitung um mehr als 25 km/h innerhalb der Jahresfrist
a) Regel
Rz. 67
Überschreitet ein Kraftfahrer innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des ersten Bußgeldbescheides die zulässige Geschwindigkeit zum zweiten Mal um mindestens 26 km/h, hat das regelmäßig ein Fahrverbot zur Folge. Dabei genügt es aber nicht, wenn der Richter im Urteil die Vorbelastung erwähnt, ohne deren Größenordnung anzugeben (OLG Brandenburg zfs 2001, 43; OLG Koblenz DAR 2013, 208).
Rz. 68
Achtung: Vorausgegangener Warnhinweis
Das Amtsgericht Borna (NZV 2012, 99) will dagegen einen Regelfall nur dann annehmen, wenn bei der Vorverurteilung ein Warnhinweis erfolgte.
Rz. 69
Für die Beurteilung der Jahresfrist kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Begehung der ersten Tat, sondern alleine auf den der Rechtskraft der Vorverurteilung an (BGH NZV 1992, 286). Dabei spielt es keine Rolle, dass sich der Eintritt der Rechtskraft der Voreintragungen aus vom Betroffenen nicht zu vertretenden Gründen verzögert hat (BayObLG NZV 1997, 487; VGH Mannheim NZV 2011, 465).
Rz. 70
Tipp: Augenblicksversagen
Auch hier gelten die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Augenblicksversagen (siehe Rdn 28 ff.), so dass dann, wenn der erneute Verstoß auf einem nachvollziehbaren Versehen beruht, nicht von einer die Beharrlichkeit voraussetzenden mangelnden Rechtstreue die Rede sein kann (OLG Braunschweig DAR 1999, 273; OLG Hamm NZV 2000, 92; OLG Köln DAR 2003, 183; OLG Dresden DAR 2003, 472; AG Frankfurt DAR 2007, 278).
Dies gilt ebenso, wenn bereits bei der Vortat das Verschulden gering war (OLG Düsseldorf NZV 2001, 488). Hier muss der Verteidiger aktiv werden, denn der Tatrichter braucht ohne ersichtliche Anhaltspunkte nicht von Amts wegen zu ermitteln, ob nicht bereits bei der ersten Tat ein Augenblicksversagen bzw. ein geringeres Verschulden vorgelegen hat (OLG Oldenburg NZV 2013, 457). Darauf, wie viele Wiederholungen von vergleichbaren Zuwiderhandlungen der Täter zuvor begangen hat, kommt es nicht an (OLG Karlsruhe NZV 2004, 47).
b) Einwand gegen Voreintrag
Rz. 71
Einwendungen gegen die materielle Unrichtigkeit des Voreintrags in das Fahreignungsregister sind grundsätzlich unbeachtlich. So braucht der Richter der Behauptung des Betroffenen, er sei gar nicht Täter der durch die frühere Entscheidung rechtskräftig geahndeten Ordnungswidrigkeit, nicht nachzugehen, da anderenfalls die materielle Rechtskraft unterlaufen würde (OLG Celle NZV 1997, 488; OLG Bamberg NZV 2014, 98).
2. Wiederholte Verstöße
a) Grundsatz
Rz. 72
Vor allem bei in kurzem Zeitabstand begangenen wiederholten Verstößen liegt die Annahme eines beharrlichen Pflichtenverstoßes i.S.d. § 25 Abs. 1 BKatVO nahe, mit der Folge, dass regelmäßig ein Fahrverbot zu verhängen ist (BayObLG DAR 2000, 278; OLG Hamm DAR 2007, 97). Dabei lässt auch ein einfacher Rotlichtverstoß (OLG Bamberg zfs 2014, 412) oder auch ein Handyverstoß (BayObLG DAR 2019, 630) bei entsprechender Voreintragungslage des Betroffenen eine solche Wertung ohne Weiteres zu.
Von Beharrlichkeit wird insbesondere dann auszugehen sein, wenn frühere Verkehrsverstöße bereits mit einem erhöhten Bußgeld belegt worden sind, was jedoch seinerseits nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme von Beharrlichkeit ist (OLG Bamberg DAR 2010, 98).
Rz. 73
Allerdings begründet allein die Tatsache, dass der Betroffene wiederholt wegen eintragungspflichtiger Verletzungen von Verkehrsvorschriften auffällig wurde, noch nicht den Vorwurf der Beharrlichkeit. Der Gesetzgeber hat nämlich ausweislich § 4 Abs. 2 BKatVO bei der Erstellung des Sanktionskataloges Fälle von Wiederholungstaten durchaus gesehen und dennoch die Verhängung eines Fahrverbotes auf die gravierenden Fälle beschränkt (OLG Bamberg DAR 2006, 336; DAR 2008, 48).
Bei der Beurteilung, ob Beharrlichkeit vorliegt, kommt dem Zeitmoment entscheidende Bedeutung zu (OLG Bamberg zfs 2013, 350); es muss sich also um eine sich in kurzen Zeitabständen wiederholende und hartnäckige Verletzung von Verkehrsvorschriften handeln (OLG Düsseldorf NZV 2001, 486; OLG Bamberg NZV 2008, 48; DAR 2011, 399). Deshalb lassen Voreintragungen nicht ohne weitere Begründung auf Beharrlichkeit schließen (OLG Düsseldorf DAR 1999, 82; OLG Bamberg DAR 2006, 514), vor allem dann nicht, wenn sämtliche – drei (OLG Bamberg NZV 2007, 292) oder gar fünf (OLG Bamberg zfs 2008, 470) – Voreintragungen unterhalb der Regelfahrverbotsgrenze lagen (OLG Bamberg DAR 2011, 399) oder eine größere Zeitspanne von z.B. 3 ½ Jahren zwischen der letzten und der erneuten Tat liegt (BayObLG NZV 1993, 118; OLG Bamberg DAR 2008, 152). Von Beharrlichkeit kann auch dann noch keine Rede sein, wenn sich die Verstöße innerhalb eines längeren Zeitraums von 14 Monaten (OLG Düsseldorf NZV 1993, 319) oder auch nur sechs Monaten (OLG Bamberg NZV 2011, 515) ereigneten.
Das gilt erst recht bei einem Zeitraum von fast fünf Jahren (OLG Bamberg zfs 2007, 229; OLG Bamberg DAR 2013, 213) und u.U. selbst dann, wenn es sich im Falle zweier einschlägiger Voreintragungen um eine gravierende Geschwindigkeitsüberschreitung von 59 km/h gehandelt hat, denn selbst bei wiederholten Geschwindigkeitsüberschreitungen...