1. Fahrverbot nach § 24a StVG
Rz. 109
Im Gegensatz zum Fahrverbot nach der Bußgeldkatalogverordnung oder nach § 44 StGB kommt es bei dem Regelfahrverbot nach § 24a StVG in aller Regel nicht darauf an, ob der angestrebte Erfolg nicht auch mit empfindlichen Geldbußen erreicht werden kann. Ein Absehen ist, da hier dem Gericht ein geringerer Ermessensspielraum zusteht als in Fällen des § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BKatV (OLG Bamberg NStZ – RR – 2018, 325) nur bei Vorliegen ganz besonderer Ausnahmeumstände äußerer und innerer Art möglich (OLG Düsseldorf NZV 1999, 257; OLG Hamm zfs 2004, 532; DAR 2008, 652; OLG Hamm DAR 2009, 39). Eine objektive Härte allein reicht nicht aus, da die subjektive Vorwerfbarkeit für sich schon eine Ausnahme verbieten kann (OLG Braunschweig DAR 1996, 289; OLG Düsseldorf DAR 1999, 224) und außerdem der Vollstreckungsaufschub des § 25 Abs. 2a StVG eventuelle Härten ausreichend mildert (OLG Jena DAR 2005, 166).
Deshalb rechtfertigt weder ein nur geringes Überschreiten des Grenzwertes (OLG Düsseldorf VRS 68, 668) noch die Tatsache, dass es sich lediglich um Restalkohol handelte (OLG Düsseldorf NZV 1990, 240), eine Ausnahme.
Rz. 110
Dennoch ist ein reiner Automatismus nicht zulässig (BayObLG VRS 58, 362), denn auch hier ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (OLG Karlsruhe NZV 1991, 159) und auch hier ist das tatrichterliche Ermessen bis an die Grenze des Vertretbaren zu akzeptieren (OLG Köln zfs 2007, 173).
Rz. 111
In der Regel wird allerdings, wenn sich nicht ausnahmsweise gewichtige Gründe für einen Härtefall oder für den Ausschluss eines groben Verschuldens aufdrängen, wie z.B. beim Rollenlassen des Kraftfahrzeuges um 1 bis 2 m, ohne den Motor anzulassen, nur um einem anderen die Ausfahrt zu ermöglichen (BayObLG DAR 2005, 458), die in der Tat zu Tage getretene Verantwortungslosigkeit ein Fahrverbot erfordern (OLG Brandenburg DAR 1996, 289; zfs 1997, 434).
Rz. 112
Deshalb schadet es hier auch nicht, wenn den Urteilsgründen nicht entnommen werden kann, dass sich der Tatrichter der Möglichkeit bewusst war, durch Erhöhung der Geldbuße vom Fahrverbot absehen zu können (OLG Hamm DAR 2002, 324).
2. Ausnahmefälle
Rz. 113
Ausnahmen sind hier nur bei Vorliegen ganz besonderer Ausnahmeumstände äußerer und innerer Art möglich (OLG Düsseldorf DAR 1999, 224; OLG Hamm zfs 2004, 532; DAR 2008, 652; OLG Bamberg DAR 2009, 39), so z.B. bei:
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nur kürzester Fahrt (OLG Köln NZV 1994, 157), |
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außergewöhnlicher Härte und objektiv nicht zur Gefährdung geeigneter Fahrt (OLG Düsseldorf zfs 1981, 223), |
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nächtlicher Fahrt auf einer Nebenstrecke bzw. um ein gefährdend geparktes Fahrzeug zu entfernen (OLG Hamm DAR 1988, 63), |
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besonderer Härte, die darin bestehen kann, dass der Betroffene seit langer Zeit unbeanstandet am Straßenverkehr teilnimmt und er als selbstständiger Zweiradmechanikermeister durch das Fahrverbot beruflich besonders hart getroffen würde; zumindest muss geprüft werden, ob nicht ein eingeschränktes Fahrverbot oder die Erhöhung der Geldbuße ausreicht (OLG Saarbrücken zfs 1996, 114), |
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beruflicher Härte, Sorge um Angehörige und größerer Zeitspanne zwischen Tat und Urteil (OLG Hamm zfs 2002, 402), |
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Vermeidung des Arbeitsplatzverlustes eines unterhaltspflichtigen und nur schwer vermittelbaren Arbeitnehmers (OLG Hamm zfs 1996, 316), wobei eine gute Arbeitsmarktsituation auch in solchen Fällen eine Ausnahme verbieten kann (OLG Bamberg, Beschl. v. 13.8.2018 – 3 Ss OWi 980/18). |
Rz. 114
Ist der Antragsteller allerdings Wiederholungstäter, ist eine Ausnahme grundsätzlich nicht möglich (OLG Hamm DAR 2000, 224), das gilt auch im Falle eines Berufskraftfahrers (OLG Hamm NZV 2001, 486).