Rz. 60

Nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine Sache mangelhaft, wenn ihr bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit fehlt.[53]

Eine Beschaffenheitsvereinbarung setzt voraus, dass der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen.[54]

Der Gesetzgeber hat offengelassen, ob vom Beschaffenheitsbegriff nur Eigenschaften umfasst sind, die der Kaufsache unmittelbar physisch anhaften oder ob auch Umstände heranzuziehen sind, die außerhalb der Sache selbst liegen.[55] Die in der Regelung des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB zum Ausdruck kommende Herrschaft des Parteiwillens gebietet eine weite Auslegung des Beschaffenheitsbegriffs.[56] Demnach dürften zumindest solche Umstände unter den Beschaffenheitsbegriff fallen, die Gegenstand einer Zusicherung nach § 459 Abs. 2 BGB aF sein konnten, dh alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die der Sache selbst anhaften oder die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben.[57] Diese Auffassung wird von der neueren BGH-Rechtsprechung gestützt.[58] Ob für die Bejahung der Beschaffenheit jeder tatsächliche Bezug zur Sache ausreicht, ist noch ungeklärt.[59] Die Beschaffenheitsvereinbarung kann ausdrücklich, aber auch konkludent zustande kommen oder sich aus Handelsbrauch ergeben.[60] Bei formbedürftigen Kaufverträgen muss die Beschaffenheitsvereinbarung ebenfalls von der Form erfasst sein.[61] Von den Beschaffenheitsvereinbarungen sind bloße Wissenserklärungen zu unterscheiden, bei denen der Verkäufer Zusätze wie "soweit bekannt", "laut Zulassungsbescheinigung Teil II" oder "laut Vorbesitzer" verwendet; für sie haftet der Verkäufer nur nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB (vgl. Rdn 58).[62]

[55] BT-Drucks 14/6040, 213.
[56] Siehe dazu ausführlich Hanke, S. 91 ff.
[57] So MüKo/Westermann, § 434 Rn 9; Palandt/Weidenkaff, § 434 Rn 12; Jaques, BB 2002, 417, 418; Weitnauer, NJW 2002, 2511, 2513; noch weitergehender: Eidenmüller, ZGS 2002, 293, 294; Gronsted/Jörgens, ZIP 2002, 52, 55; Henssler/v. Westphalen, § 434 Rn 13; Knott, NZG 2002, 249, 251; Schröder, ZGS 2005, 63, 76 f.; Müller, WM 2017, 929, 936 ff.;
[58] BGH v. 15.6.2016 – VIII ZR 134/15, NJW 2016, 2874, 2875 (Herstellergarantie); BGH v. 30.11.2012 – V ZR 25/12, NJW 2013, 1671, 1672 (mit Giftstoffen belastetes Grundwasser); BGH NJW 2011, 1217.
[59] Dafür Redeker, NJW 2012, 2471.
[60] BGH NJW 2013, 1074; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 233; vgl. zur konkludenten Eigenschaftszusicherung nach altem Recht BGH NJW 1996, 836, 837.
[61] Palandt/Weidenkaff, § 434 Rn 18.
[62] BGH NJW 2010, 1131, 1133; BGH NJW 2013, 2017, 2018; BGH v. 29.6.2016 – VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015, 3018.

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