Rz. 80

Es gelten die Gebühren der Nrn. 3100 ff. VV.

 

Rz. 81

Ausnahmsweise ist hier eine Erhöhung der Verfahrensgebühr für mehrere Auftraggeber nach Nr. 1008 VV möglich, wenn der Anwalt die Eltern in Verfahren auf Entziehung der elterlichen Sorge vertritt (siehe unten Rdn 87).

 

Rz. 82

Eine Terminsgebühr im schriftlichen Verfahren oder bei Abschluss einer Einigung ist möglich, da nach § 157 Abs. 1 FamFG ein Erörterungstermin vorgeschrieben ist (siehe Rdn 39 ff.).[41]

 

Rz. 83

Da es sich um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, ist eine Ermäßigung der Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV nicht möglich.

 

Rz. 84

Eine Einigungsgebühr ist möglich (Anm. Abs. 2 zu Nr. 1003 VV), nämlich dann, wenn der Anwalt am Abschluss eines gerichtlich gebilligten Vergleichs (§ 156 Abs. 2 FamFG) oder an einer Vereinbarung über die elterliche Sorge mitwirkt und hierdurch eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird oder die gerichtliche Entscheidung der getroffenen Vereinbarung folgt.

 

Rz. 85

Der Verfahrenswert richtet sich nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG. Es gilt ein Regelwert von 4.000,00 EUR. Betrifft das Verfahren mehrere Kinder, liegt nur ein Gegenstand vor (§ 45 Abs. 2 FamGKG). Das gilt auch dann, wenn wechselseitige Anträge gestellt werden.[42] Ist der Regelwert nach den besonderen Umständen unbillig, kann das Gericht auch einen höheren oder niedrigeren Wert festsetzen (§ 45 Abs. 3 FamGKG).[43]

 

Beispiel 21: Sorgerechtsverfahren mit Entscheidung im schriftlichen Verfahren

Die Ehefrau beantragt die Übertragung der elterlichen Sorge. Die Beteiligten erklären sich damit einverstanden, dass im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung oder Erörterung entschieden wird.

Die Anwälte erhalten nach zutreffender Ansicht (siehe Rdn 41 ff.) neben der Verfahrensgebühr auch eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV. Der Verfahrenswert beläuft sich gem. § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG auf 4.000,00 EUR.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   361,40 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   333,60 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 715,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   135,85 EUR
Gesamt   850,85 EUR
 

Rz. 86

 

Beispiel 22: Sorgerechtsverfahren mit Einigung

Die Ehefrau beantragt die Übertragung der elterlichen Sorge. Im Termin einigen sich die Beteiligten. Die Einigung wird vom Gericht genehmigt.

Die Anwälte erhalten eine Verfahrens-, eine Termins- und eine Einigungsgebühr. Der Gegenstandswert beläuft sich gem. § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG auf 4.000,00 EUR.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   361,40 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   333,60 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
3. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000 Nr. 1, 1003 VV   278,00 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 993,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   188,67 EUR
Gesamt   1.181,67 EUR
 

Rz. 87

Ausnahmsweise kommt eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV in Betracht, wenn der Anwalt beide Elternteile hinsichtlich des Sorgerechts vertritt.[44]

 

Beispiel 23: Vertretung beide Elternteile, Sorgerecht

Das Jugendamt beantragt beim FamG, den Eltern die gemeinsame elterliche Sorge zu entziehen. Beide Eltern lassen sich durch einen gemeinsamen Anwalt vertreten.

Es liegt derselbe Gegenstand zugrunde.[45] Ausgehend vom Regelwert des § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG ist wie folgt abzurechnen:

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV   444,80 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   333,60 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 798,40 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   151,70 EUR
Gesamt   950,10 EUR
 

Rz. 88

Zu beachten ist, dass Sorgerecht und Umgangsrecht zwei verschiedene Gegenstände sind. Wird im Verfahren zur elterlichen Sorge auch eine Einigung zum Umgang erzielt, so ergibt sich insoweit ein Mehrwert.[46]

 

Rz. 89

Strittig ist allerdings die Berechnung.[47] Zum Teil wird angenommen, es liege ein gewöhnlicher Mehrwertvergleich vor. Zum Teil wird aber auch angenommen, dass bei Abschluss einer vom Gericht gebilligten Umgangsregelung der Verfahrenswert aus der Summe der Verfahrensgegenstände Umgang und elterliche Sorge festzusetzen sei, weil die Billigung eine Sachprüfung, mithin ein Verfahren, voraussetzt und einer Entscheidung zum Umgang gleichstehe.[48]

 

Beispiel 24: Sorgerechtsverfahren mit Vereinbarung zum Umgangsrecht

Die Ehefrau beantragt die Übertragung der elterlichen Sorge. Im Termin einigen sich die Beteiligten über die Sorge und treffen auch eine Vereinbarung zum Umgangsrecht, die familiengerichtlich genehmigt wird.

Sorge- und Umgangsrecht sind zwei verschiedene Gegenstände.

Die Gebühren entstehen aus den zusammengerechneten Werten der elterlichen Sorge (4.000,00 EUR – § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG) und des Umgangsrechts (ebenfalls 4.000,00 EUR – § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG).

Nach einer Auffassung ist aus dem Mehrwert des Umgangs eine ...

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