Rz. 21
Ob die Geringfügigkeitsgrenze eingehalten wird oder nicht, ist aufgrund einer Prognose zum Zeitpunkt des Beginns der Tätigkeit abzuschätzen. Verändern sich die Umstände, so ist die Schätzung jederzeit neu durchzuführen.
Rz. 22
Ergibt die Prognose, dass die Arbeitszeit – und damit auch das Arbeitsentgelt – unvorhersehbar schwanken werden, dass im Kalenderjahr aber insgesamt nicht mehr als (12 x 538 =) 6.456 EUR an Entgeltansprüchen entstehen werden, so kann eine geringfügig entlohnte Beschäftigung auch dann vorliegen, wenn aufgrund der Schätzung in einzelnen Monaten die Geringfügigkeitsgrenze (zurzeit 538 EUR) überschritten sein wird. Eine solche Prognose darf allerdings nicht dafür missbraucht werden, vorhersehbare saisonale Schwankungen dazu zu nutzen, ein an sich sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zur geringfügig entlohnten Beschäftigung umzudeklarieren. Insbesondere wäre es nicht zulässig, wenn ein Arbeitnehmer z.B. über die Dauer von fünf Monaten ein monatliches Entgelt von 800 EUR erzielt und das Beschäftigungsverhältnis dann schlicht um weitere fünf Monate verlängert wird, in denen der Arbeitnehmer nicht arbeiten muss und gleichsam seine "Überstunden abfeiert", sodass im Durchschnitt über die zehn Monate ein monatliches Arbeitsentgelt von nur 400 EUR erreicht wäre.
Rz. 23
Die Prognose kann im Einzelfall schwierig sein. Wenn die Prüfer der Sozialversicherungsträger eine allzu optimistische Prognose im Rahmen anlassbezogener oder regelmäßiger sozialversicherungsrechtlicher Betriebsprüfungen nicht anerkennen, drohen Nachzahlungen zur Sozialversicherung und ggf. auch ein Strafverfahren (wegen Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt im Sinne von § 266a StGB).
Rz. 24
Vorsicht ist auch mit anderen Arbeitszeitkonten geboten. Auch insoweit ist darauf abzustellen, ob das durchschnittliche monatliche Arbeitsentgelt je Kalenderjahr unter Berücksichtigung der gesamten Arbeitszeit, also auch des nicht zur Auszahlung gelangten, sondern dem Arbeitszeitkonto gutgeschriebenen Entgeltanteils die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt oder nicht.
Rz. 25
Beispiele
Die Reinigungskraft oder der Gärtner, die/der – bei einem vereinbarten Stundenlohn in Höhe von 15 EUR – wöchentlich je nach Bedarf z.B. zwischen sechs und 12 Stunden arbeiten soll, kann durchaus geringfügig entlohnt beschäftigt sein, obwohl Monate mit intensiver Tätigkeit zu einer monatlichen Zahlung in Höhe von z.B. (4,33 Wochen/Monat x 12 Stunden/Woche x 15 EUR je Stunde =) 779,40 EUR führen können. Voraussetzung ist nur, dass aufgrund realistischer Prognose (und/oder klarer vertraglicher Vereinbarung) 430,4 Arbeitsstunden im Jahr, also durchschnittlich rd. 35,8 Arbeitsstunden je Kalendermonat (35,8 Std./Mo. x 15 EUR/Std. = 537 EUR/Mo.) nicht überschritten werden und dass die Beschäftigung – auf das Jahr bezogen – stetig durchgeführt wird.
Anders ist hingegen der Bademeister im Freibad (oder der Liftwart am Skilift) auch dann im Zweifel nicht geringfügig entlohnt beschäftigt, wenn er bei demselben Stundenlohn zwar im Jahr weniger als 430 Stunden gearbeitet und deshalb auch weniger als 6.456 EUR verdient hat, sich diese Tätigkeit und dieser Verdienst aber vorhersehbar auf wenige Monate im Jahr (Saison) beschränken.